Robben: „Ich will Richtung Tor“

Auch der Bayern-Star ist nun in Südafrika. Ran darf er für Holland nach der Blessur aber noch nicht. Hier erklärt er seine Spielphilosphie.
von  Abendzeitung
Noch in ziviler Kleidung: Arjen Robben bei seiner Ankunft am Samstag in Johannesburg.
Noch in ziviler Kleidung: Arjen Robben bei seiner Ankunft am Samstag in Johannesburg. © dpa

Auch der Bayern-Star ist nun in Südafrika. Ran darf er für Holland nach der Blessur aber noch nicht. Hier erklärt er seine Spielphilosphie.

JOHANNESBURG Angekommen ist er, spielen wird er am Montag gegen Dänemark (13.30 Uhr, ARD und Sky live) nicht. Am Samstag landete Bayern-Star Arjen Robben, der sich wegen eines Muskelfaserrisses in seiner Heimat hatte behandeln lassen, auf dem Johannesburger Flughafen O.R. Tambo. Er reiste direkt weiter ins WM-Quartier des niederländischen Teams, ins „Hilton“ im Stadtteil Sandton. Beim Abschlusstraining fehlte er. Bondscoach Bert van Marwijk wird auf den Flügelstürmer („Ich bin so weit fit“) am Montag verzichten. „Wir werden ihn jetzt behutsam aufbauen“, sagte van Marwijk.

Vor seinem Abflug sprach die AZ mit Robben.

AZ: Herr Robben, die Niederlande und große Turniere...

ARJEN ROBBEN: ...ob Sie es glauben oder nicht, ich weiß, was jetzt kommt!

Und was?

Dass, was wir vor großen Turnieren immer hören: Wir spielen zwar gut, aber wir holen keine Titel.

Und ist die Einschätzung ungerecht oder falsch?

Dass das so ist, sagen viele Leute. Es heißt dann, die Holländer spielen schönen und begeisternden Fußball, aber am Ende fehlen etwas die Ergebnisse in Form von Titeln. Das ist etwas, an dem wir arbeiten. Man muss eine Balance finden zwischen Effizienz und schönem Fußball. Es darf nicht mehr heißen, die Niederlande haben sich selbst geschlagen.

Dann liegt das Geheimnis eines guten Turniers darin, eine schwächere Vorrunde zu spielen und dafür einen starken Endspurt hinzulegen?

Vielleicht sollten wir das mal probieren. Wenn wir mal schlecht sind und uns in der Gruppenphase schwer tun, dann wird das das Zeichen sein, Holland kommt ins Endspiel und gewinnt.

Bei der EM 2008 in der Schweiz und Österreich war es anders herum: Oranje begeisterte in der Vorrunde und danach das alte Lied.

2008 hatten wir eine große Chance. Wir haben sehr schönen Fußball gespielt. Ich denke da an das 4:1 gegen Frankreich oder das 3:0 gegen Italien. Es waren besondere Spiele und besondere Ergebnisse. In der nächsten Runde gegen Russland hatte man den Eindruck, es ist alles wie weggeblasen. Das war sehr frustrierend. Wir hatten die Kraft, ins Finale zu kommen.

Was macht Sie optimistisch, dass es in Südafrika mit dem Finale klappt?

Unsere gute Qualifikation. Wir haben uns als erstes Land aus Europa qualifiziert. Und wir haben Spieler im Kader, die sich als Team verstehen.

Sie haben einmal gesagt, Sie sehen sich nicht als Star. Für viele Experten sind Sie dennoch einer.

Was heißt es, ein Star zu sein? Ich denke, ich bin nur ein Fußballspieler. Es gibt Filmstars, die in Filmen mitspielen, oder Sänger, die große Konzerte geben. Das sind Stars für mich, die glamourös sein können. Wir sind Sportler.

Sie gelten als Profi, der sich einmischt.

Ich sehe mich schon als einer der Spieler, die ihre Erfahrung weitergeben können. Grundsätzlich ist es der Kapitän, der die Richtung bestimmt. Trotzdem gehöre ich sicher zu denen, die mal was sagen dürfen, weil jeder weiß, ich will dem großen Ganzen helfen.

Sie haben einmal gesagt, Ihre Schnelligkeit sei eine Waffe.

Schnelligkeit ist auf alle Fälle meine Stärke, auch mit dem Ball. Auf dem Fußballplatz kann das gefährlich werden.

Dann schauen Sie sicher gerne das 100-Meter-Finale bei Olympia und beobachten Ihre Sprintkollegen?

(lacht) Die Jungs sind doch ein bisschen schneller als ich. Aber ihr Job ist auch einfacher. Sie laufen 100 Meter und das geradeaus. Ich habe auch noch einen Ball dabei.

Was ist das Erfolgsgeheimnis für ein starkes Flügel-Spiel?

Du brauchst viel Selbstvertrauen. Du stehst immer eins gegen eins im Zweikampf. Du musst überzeugend sein, um durchzukommen. Du musst dich immer stellen und musst das Spielfeld neben dir im Auge haben. Ich bin ein Spieler, der einen großen Zug zum Tor hat. Du bist manchmal Einzelkämpfer und musst jede Sekunde bereit sein, die Rollen zu wechseln und zum Teamplayer zu werden, der den besser postierten Mann sieht.

Hat Ihnen die holländische Fußballschule geholfen, das zu lernen?

Das ist etwas, was du schnell für dich entdeckst...

...den Robben-Stil?

Ja, sicher. Du hast im Laufe deiner Karriere viele Trainer, denen du zuhörst, dir Dinge merkst und sie übernimmst, aber grundsätzlich bist du der oder der – und der oder der hat eben seine eigene Art.

Und wie sieht Ihr Stil aus?

Wie gesagt: Ich will Richtung Tor. Unbedingt. Kompromisse kann es keine geben. Zu schönem Spiel gehört auch Effektivität, sonst ist das schöne Spiel wenig wert. Du musst jede Sekunde bereit sein, etwas Neues zu machen, du musst sehr schnell aufnehmen, wie das Spiel läuft, jede einzelne Situation neu bewerten und schauen, was will die Mannschaft, wie kannst du ihr helfen. Das kann manchmal über eine gemeinsame Aktion gehen, aber manchmal auch über ein einzelnes Dribbling. Manchmal gehst du allein nach vorne, suchst die Lücke und ziehst so die anderen mit.

Sie haben nun in vier Ländern Titel gewonnen, worin sehen Sie die großen Unterschiede zwischen Holland, England, Spanien und Deutschland, die alle bei der WM in Südafrika dabei sind?

In Spanien wird mehr auf technische Dinge geachtet, die Mannschaften wollen in erster Linie Fußball spielen. In England gehört ein sehr intensives Spiel zum Alltag. In den Niederlanden wird sehr auf taktische Dinge geachtet, und wir reden gerne vom schönen Fußball. In Deutschland prägt mehr der defensive Gedanke das Spiel, was mir nicht so gefällt. Aber durch die vielen ausländischen Spieler und Trainer haben sich die Dinge ohnehin verschoben. Das typische Spiel gibt es nicht mehr.

Interview: Oliver Trust

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