Rehhagel: „Sauerei hoch drei“
Rehhagels Griechen verlieren gegen Hitzfelds Schweizer. Daran, findet der Trainer,sei aber nur der Referee Schuld gewesen.„Der Schiedsrichter hat uns geschlachtet.“
BASEL Von Fakten, die auf eine tiefe Freundschaft zwischen Otto Rehhagel und Ottmar Hitzfeld hindeuten, ist wenig bekannt. Ob sich das nach dem Abend der vorerst letzten Begegnung geändert hat, darf bezweifelt werden.
Die Laune von Rehhagel war schnell im Keller, obwohl sich Hitzfeld Mühe gab, ein guter Gastgeber zu sein. Er wartete am Spielfeldrand des St. Jacobs Park in Basel im Trenchcoat auf Rehhagel, der im schlabberigen Trainingsanzug herbeieilte. Der Frust des griechischen Nationaltrainers hatte andere Gründe. Dem Europameister 2004 droht nach der zweiten Niederlage in der Gruppe 2 zumindest die Relegation oder gar das Aus in der Qualifikation zur WM in Südafrika. Und als Ioannis Topalidis, Rehhagels Assistent und Dolmetscher, den Chef fragte: „Was macha jetzt?“ – da raunzte der zurück: „Na, Fragen beantworten.“
Es steht nicht gut um Rehhagel und seine Ziele. Aber er ist ja erfahren genug, im richtigen Moment Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen. Also bündelte er nach dem Spiel seinen Zorn und richtete ihn auf Schiedsrichter Frank de Bleeckere aus Belgien.
„Ein Schiedsrichter soll Spiele leiten, nicht entscheiden“, schnaubte Rehhagel. „Das Spiel war schon in der 40. Minute entschieden.“
Ab Minute 42 hatten die Griechen zu zehnt spielen müssen, weil der bereits verwarnte Loukas Vyntra den Stuttgarter Ludovic Magnin am Trikot gehalten hatte und mit Gelb-Rot vom Platz geflogen war. „Eine Sauerei hoch drei“, schimpfte Rehhagel. „Du kannst keinen Spieler für solch eine Kleinigkeit runterstellen.“ Der Belgier habe das Spiel „verpfiffen“, sagte der Frankfurter Ioannis Amanatidis.
Die Stimmung war aufgeheizt. „Schande! Der Schiedsrichter schickt Blatters Schweizer zur WM“, titelte in Griechenland die Zeitung „Sportday“. Das Blatt „Goal“ bezeichnete den Platzverweis gegen Vyntra als „Verbrechen“, und „Exedra“ schrieb: „Der Schiedsrichter hat uns geschlachtet. Die Rote Karte war eine Erfindung aus Belgien.“
Rehhagel, dessen Team gegen die Schweiz schon das Hinspiel in Athen verloren hatte, ist gegen Hitzfeld weiter ins Hintertreffen geraten. In der Bilanz ihrer direkten Duelle führt Ex-Bayerntrainer Ottmar gegen Ex-Bayerntrainer Otto jetzt mit zwölf Siegen, vier Remis und sechs Niederlagen.
„Die Nati schickt König Otto in Rente“, jubilierte das Boulevardblatt „Blick“ in der Nacht des Triumphes. Rehhagel ist mittlerweile 71 Jahre alt und seit acht Jahren Griechen-Trainer. Seit der EM hat er manchen Sturm überstanden, und das Urteil des „Blick“ erscheint zumindest verfrüht.
Die Schweiz führt zwar mit drei Punkten vor den Griechen und Lettland, schon am Mittwoch kann sich einiges wieder drehen. Die Schweiz spielt in Lettland und die Griechen in Moldawien. „Wenn wir dort nicht erfolgreich sind, war das nichts wert“, warnte Hitzfeld, der seinen Vertrag bis 2012 verlängerte und „meine Karriere in der Schweiz beenden“ will. Schafft er den Sprung nach Südafrika, wäre das ein Höhepunkt seiner Laufbahn.
Und Rehhagel? Scheitert er in der vergleichsweise leichten Qualifikations-Gruppe, könnte es tatsächlich eng werden. Der von ihm eingeleitete Generationswechsel brachte in Basel nichts Neues. Die Griechen mauerten ideenlos – und knickten am Ende ein: Abwehrspieler Stephane Grichtig traf zum 1:0 (83.) und Marco Padalino per Flugkopfball zum 2:0 (88.).
Ein Schweizer Happy End also. „Mir füre di schöni Schwizz a, wo mir wei uf Afrika“ stand auf einem Plakat, das eine gelbe Giraffe zierte („Wir feuern die schöne Schweiz an, weil wir nach Südafrika wollen“). Hitzfeld hatte gut lachen. Und Rehhagel muss sich Antworten einfallen lassen.
Oliver Trust