Punkt- und Bauchlandung
DUBLIN - In der WM-Qualifikation ärgern Italiener einen Italiener, und Schweizer ärgern Hitzfeld. Viele andere feiern – sogar Maradona, obwohl der als Trainer noch gar nichts gewonnen hat.
Was ist typisch italienisch: Cappuccino? Pizza? Oder doch die Art, wie sich die Fußballer des Landes mit einer Mischung aus Disziplin und Dusel ans Ziel mogeln? Italiens spätes Fußballglück war nur ein Kuriosum von vielen in der WM-Qualifikation. 19 von 32 Endrunden-Teilnehmern stehen fest. Es gibt viel zu feiern. Und viele frustrierte Verlierer.
DIE JUBLER
Italien, claro. In allerletzter Minute trifft Alberto Gilardino, von Trainer Marcello Lippi als Joker gebracht, zum 2:2 in Irland. Eine Punktlandung, das WM-Ticket ist gelöst. Und Ex-Bayerntrainer Giovanni Trapattoni muss mit Irland in die Playoffs. Nach dem späten Genickschlag jammert Trap konsterniert: „Italien ist halt Italien.“ Er muss es ja wissen.
Andere wollen erst noch so werden wie Italien. Die Elfenbeinküste etwa. Kaum hat Chelsea-Star Didier Drogba sein Land mit dem 1:1 gegen Malawi zur WM geschossen, träumen sie vom Titel. Vahid Halilhodzic, der bosnische Trainer der Ivorer, sagt: „Überall höre ich Lob über mein Team, aber eine große Mannschaft muss etwas gewinnen.“ Ob das in Südafrika klappt?
Andere feiern bescheidener. Etwa die Dänen. Statt auf Glück oder Stars verlassen die sich aufs Kollektiv. In der Qualifikation hat Trainer Morten Olsen 37 (!) Spieler eingesetzt. Das 1:0-Siegtor gegen Schweden, das die Truppe zur WM führt, hat ein gewisser Jakob Poulsen erzielt, den außerhalb von Aarhus (dort spielt er) auf der Straße wohl kaum jemand erkennt. Coach Olsen, der frühere Kölner: „Wir sind der FC Solidarität!“ Klingt gut.
Auch in Bosnien jubeln sie, wenn auch nur übers Erreichen der Playoffs. Ein kleines Land mit Bundesliga-Größen: Der Wolfsburger Edin Dzeko (32.) und der Hoffenheimer Vedad Ibisevic (62.) treffen beim 2:0 in Estland. Ex-Bayer Zwetschge Misimovic (Wolfsburg) und Hoffenheims Sejad Salihovic vervollkommnen eine Offensive, die eine Nation zum Träumen verleitet.
DIE ZITTERER
Ex-Bayer Ottmar Hitzfeld (60) fehlt nur noch ein Punkt fürs Direktticket. Den sollen seine Schweizer am Mittwoch gegen Israel einfahren. Das 3:0 am Samstag in Luxemburg hat Hitzfeld, dem Perfektionisten, nicht behagt: „Ich rege mich trotz des Sieges auf, weil wir mehr für unsere Tordifferenz tun wollten. In Basel müssen wir gegen Israel viel konzentrierter ans Werk gehen.“
Sonst zieht womöglich Otto am Ottmar vorbei. Rehhagels Griechen wahren ihre Chance durch ein 5:2 gegen Lettland (nach 1:2-Rückstand). Vierfacher Torschütze: Theofanis Gekas, der in Leverkusen nur Bankdrücker ist. Dessen Kommentar: „Wir haben uns in der Halbzeit gesagt, lieber sterben wir, als so unterzugehen. Und dann lief's auch bei mir ganz gut.“ Gegen Luxemburg können sich die Griechen in die Playoffs retten – und Rehhagel womöglich den Posten.
Diese Playoffs der Gruppenzweiten halten vielerorts Hoffnungen am Leben. Ob bei den Portugiesen samt Superstar Cristiano Ronaldo. Oder den Franzosen mit Franck Ribéry.
Auch in Südamerika, wo Argentinien-Coach Diego Maradona um seinen Job kämpft. Noch hat er ihn – dank Martin Palermo, der in der Nachspielzeit gegen Peru das 2:1 markiert hat. Da wirft sich Diego jubelnd auf den nassen Rasen. Nach seiner Bauchlandung sagt er: „Das Wunder des heiligen Palermo hat uns ein neues Leben gegeben!“ Nur: Wie lang? Mittwoch geht’s zu Angstgegner Uruguay. Bei einem Sieg ist Diego bei der WM, bei einem Remis in der Relegation – und bei einer Pleite entlassen.
DIE VERLIERER
Die Quali ist eben ein Jobkiller. Siehe Fatih Terim, der nach dem Aus der Türkei zurücktritt. Angeblich soll er in Neapel anfangen und Fenerbahce-Coach Christoph Daum sein Nachfolger werden.
Auch die frustrierten Tschechen suchen einen Trainer für den Wiederaufbau; die WM findet ohne Stars wie Tomas Rosicky (Arsenal) oder Petr Cech (Chelsea) statt. Es mag sie trösten, dass auch Größen wie der schwedische Barca-Star Zlatan Ibrahimivic in Südafrika fehlen werden. Als Italiener hätte der es wohl besser getroffen.