Phantomtor: Kein Spiel, viel Spott

Hoffenheim gegen Leverkusen wird nicht wiederholt. Richter Lorenz klopft Sprüche.
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Phantomtor! Leverkusens Stefan Kießling (nicht im Bild) erzielt das Tor zum 0:2 gegen Hoffenheims Torwart Koen Casteels (M). Oben links ist am Tornetz eine abstehende Masche zu sehen.
dpa Phantomtor! Leverkusens Stefan Kießling (nicht im Bild) erzielt das Tor zum 0:2 gegen Hoffenheims Torwart Koen Casteels (M). Oben links ist am Tornetz eine abstehende Masche zu sehen.

FRANKFURT Humor gilt ja nicht gerade als eine der hervorstechenden Charaktereigenschaften von Juristen, die ja andauernd in der drögen Gesetzbücher-Welt abtauchen, in der sich jeglicher Anflug von guter Laune im Paragraphen-Dickicht hoffnungslos verläuft.

Doch wie unterhaltsam auch eine Gerichtsverhandlung sein kann, zeigte sich bei der Sitzung des DFB-Sportgerichts in Frankfurt, bei der über das jetzt schon legendäre Phantomtor von Sinsheim verhandelt wurde. Der Vorsitzende Richter Hans E. Lorenz begrüßte den als Zeugen geladenen (Nicht-)Torschützen Stefan Kießling von Bayer Leverkusen mit diesen Worten: „Herr Kießling, jetzt haben Sie ja auch mal endlich eine Einladung vom DFB bekommen.”

Mehr Spott hätte kein Comedian ablassen können, schließlich wird Torjäger Kießling von Bundestrainer Joachim Löw dauergeschmäht. Seit 2010 wartet Kießling darauf, dass Löw zum Hörer greift, und ihn zu einer Länderspiel-Party einlädt. Es war nicht der einzige Schenkelklopfer, den Lorenz da bei der Phantomtor-Verhandlung abließ. Kießling hatte ja beim Spiel in Hoffenheim aufs Tor geköpft, aber nur das Außennetz getroffen. Doch durch ein Loch im Netz flog der Ball von außen ins Tor – Schiri Felix Brych entschied fälschlich auf Tor. „Wir haben uns überlegt, Stefan Kießling dazu zu verurteilen, 1000 Mal zu versuchen, den Ball noch einmal durch dieses Loch zu köpfen”, sagte der 62-jährige Lorenz. Und weiter: „Als ich als ein Junge mit dem Fußball auf dem Land begonnen habe, war es eher eine Ausnahme, wenn kein Loch im Netz war.”

Lorenz, seit 2007 Vorsitzender des DFB-Sportgerichts, gilt als „Koryphäe der Sportgerichtsbarkeit”, hauptberuflich ist der Vater von drei Kindern, der im rheinhessischen Wöllstein lebt, Vorsitzender Richter an der Großen Strafkammer am Landgericht Mainz. Bekannt wurde Lorenz als Vorsitzender Richter bei zwei der drei sogenannten Wormser Prozesse, als in den 90er Jahren 25 Personen aus Worms des massenhaften Kindesmissbrauchs im Rahmen eines Pornorings angeklagt wurden – am Ende wurden alle Angeklagten freigesprochen.

In Frankfurt entschied Lorenz, dass es zu

keiner Spielwiederholung

kommen wird. Hoffenheim überlegt, gegen das Urteil Einspruch einzulegen, Leverkusen-Sportdirektor Rudi Völler sagte, man fühle sich „nicht als Gewinner”. „Die Frage ist nicht, ob uns das Urteil unter sportlichen Gesichtspunkten gefällt oder nicht. Unter rechtlichen Gesichtspunkten gab es aber keine Alternative. Die Tatsachenentscheidung ist zwar falsch, aber sie ist unumstößlich, sie gehört zum System. Ich habe für jeden Verständnis, der anderer Meinung ist. Bei solch einem Fall sehen alle schlecht aus. Der Schiedsrichter, die Hoffenheimer, die Leverkusener, Herr Kießling und die Sportgerichtsbarkeit”, sagte Lorenz und gab zum Abschluss erneut den Humoristen: „Meine Kinder und meine Lebenspartnerin werden mich beschimpfen.”

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