Orakel Schweinsteiger: DFB-Elf dreht mit mehr Körperlichkeit das Spiel

München – In Dortmund gegen Italien, in einem Pflichtspiel! Da gehen alle Alarmglocken an – samt der Erinnerung an das tragische Halbfinal-Aus bei der Heim-WM 2006, als die Azzurri den vom Sommermärchen elektrisierten Klinsmännern in der Verlängerung mit dem 2:0 den Stecker zogen.
Doch der DFB hat den Spielort bewusst gewählt, weil es im mit 63.000 Fans ausverkauften Signal Iduna Park "laut und emotional" sei, so Bundestrainer Julian Nagelsmann.
"Wir sind noch nicht durch": DFB-Bosse warnen vor Rückspiel gegen Italien
"Ich bin nicht perfekt in Fußballgeschichte, weil ich noch sehr jung bin", sagte ein vom Coaching in Mailand noch heiserer Nagelsmann und erklärte im stickigen Presseraum von San Siro, der seine besten Tage schon hinter sich hat: "Aus Trainersicht", so der Bundestrainer, sei das 2:1 im Viertelfinal-Hinspiel der Nations League erst die halbe Miete. Und schob hinterher: "Ein Mathematiker würde sagen: Was ist das für ein Quatsch, weil wir eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, weiterzukommen." Die Lösung: Im Rückspiel gedanklich "wieder bei 0:0 zu starten. Dann müssen wir nicht rumrechnen."
Auch Rudi Völler, einst der Liebling der Tifosi als Mittelstürmer der AS Rom, meinte wissend: "Wir sind noch nicht durch! Ich will nicht der Mahner sein, aber es steht erst 2:1." Der Sportdirektor wird eben auch fürs Mahnen bezahlt, sein Vertrag soll demnächst – analog zum Bundestrainer – bis zur EM 2028 verlängert werden. Das Ergebnis sei "gefährlich", mahnte dann auch Nagelsmann, um dann doch die Brust rauszustrecken: "Ich habe keine Angst, aber es wird spannend."
Schweinsteiger fordert personelle Veränderung – Nagelsmann reagiert in der Halbzeit
Überhaupt: Die Abteilung breite Brust wirkte in den Retrotrikots des DFB noch breiter. Modisch chic, darunter Muskelberge voller Selbstbewusstsein. Diese Körperlichkeit musste jedoch erst herbeigeführt werden, blieb anfangs verborgen. Es brauchte nach dem Rückstand eine personelle Veränderung, wie ARD-Experte Bastian Schweinsteiger in der 31. Minute live anmerkte: "Wir haben sehr viel den Ball, aber die Italiener machen das sehr geschickt. Sie schließen die Mitte komplett, lassen den Ball nach Außen zu. Wenn wir eine Chance haben, dann meistens über die Außenseite. Und dann kommen wir schon zum Thema: Dann kommen Flanken und dann bräuchte man vielleicht schon so einen Kleindienst."
Als hätte Nagelsmann auf ihn gehört. Kleindienst, der bulligere Stürmer als Jonathan Burkardt, kam nach der Pause. Dazu löste Nico Schlotterbeck auf der linken Abwehrseite den fahrigen David Raum ab, es wurde eine Dreierkette gebildet. "Schlotti hat brutal dazwischen gefegt. Er hat eine super Präsenz, hat andere damit gepusht", lobte Nagelsmann.
Damit dürfte dem Gladbacher und dem Dortmunder der Platz in einer sonst kaum veränderten Startelf (höchstens Jamie Leweling für Leroy Sané oder Karim Adeyemi für Nadim Amiri) sicher sein. Nagelsmann will Aufstellung und Taktik "anpassen", wie er verriet, aber sicher nicht weniger Intensität und Hingabe sehen. Vor der Rückreise am Freitag sagte Nagelsmann: "Wir haben ein paar Ideen im Kopf."
DFB-Elf braucht Körperlichkeit gegen Italien
Mehr Muckis wagen gegen die körperlich dagegenhaltenden Italiener – das ist die Losung für Sonntag (20.45 Uhr, RTL), wenn das 2:1 über die Ziellinie gebracht werden soll, um das Mini-Turnier im Juni an den Standorten München und Stuttgart klarzumachen. Die Spieler haben verstanden. "Wir dürfen jetzt bloß nicht in den Verwaltungsmodus schalten", warnte Kopfballungeheuer Kleindienst.
Das Ziel ist klar. "Wir wollen jetzt ins Halbfinale", sagte Kapitän Kimmich, "dann wäre so ein kleines Turnier zu Hause für Deutschland eine tolle Geschichte." Mit einem Titelchen. Für eine noch breitere Brust.