Marko Arnautovic: Ein Rüpel zum Verlieben

Schwieriger Charakter, provokantes Auftreten: Bremens Neuzugang Marko Arnautovic gilt als Problemkicker. Beim 4:2 gegen Köln aber eroberte der Österreicher die Herzen der Werder-Fans.
von  Abendzeitung
So jubeln Matchwinner: Bremens Marko Arnautovic.
So jubeln Matchwinner: Bremens Marko Arnautovic. © firo/Augenklick

BREMEN - Schwieriger Charakter, provokantes Auftreten: Bremens Neuzugang Marko Arnautovic gilt als Problemkicker. Beim 4:2 gegen Köln aber eroberte der Österreicher die Herzen der Werder-Fans.

Thomas Schaaf weiß, dass seine Funktion als Fußballlehrer oft viel mehr verlangt, als nur die richtige Aufstellung oder Taktik auszutüfteln. Häufig gibt der Vordenker bei Werder Bremen auch eine Art Erziehungsbeauftragter für alle Lebenslagen ab. Und es ist kein Geheimnis, dass sich der 49-Jährige da in dieser Saison an einer besonderen Gattung Problem-Profi abarbeitet: Marko Arnautovic.

Am Kinn dieses breitschultrigen Kraftprotzes prangt ein kleiner Flaum und an den kräftigen Unterarmen erscheinen mächtige Tätowierungen – in der einen steht eine Erinnerung an seinen serbischen Opa – doch das ist nichts gegen den schlechten Ruf, den der 21-Jährige mit sich führt. Er ist im Grunde der am schlechtesten beleumundete Neuzugang der gesamten Liga. Markant: schwieriger Charakter, schlechtes Benehmen, provokantes Auftreten und polarisierendes Äußeres. Genannt: der „Null-Bock-Ösi“.

Insofern war es eine beinahe sensationelle Leistung, dass exakt derselbe Arnautovic beim 4:2 gegen den 1. FC Köln vorne nicht nur ein Tor köpfte (2:0), eines fein vorbereite (3:1 Hugo Almeida) und einen Treffer mit links anbrachte (4:1), sondern auch nach hinten effektiv arbeitete. Vorstandschef Klaus Allofs quittierte die erstklassige Imagekampagne seines neuen Angestellten mit süffisantem Grinsen: „Jetzt haben alle gesehen, was wir in Marko Arnautovic sehen."

Rund 6,5 Millionen Euro sind an den kommenden Champions-League-Kontrahenten Twente Enschede gezahlt worden, um diesen Grenzgänger nach Bremen zu holen. Dort ist zunächst die Geschichte vom geborgten und später gestohlenen Bentley seines Mailänder Kollegen Samuel Eto'o weitererzählt worden, weil in Bremen bis heute jeder Porschefahrer argwöhnisch beäugt wird, der auf dem Osterdeich zu viel Gas gibt.

„Man hat ihm hier sofort ein Image angeklebt", erzählte Schaaf, „an der einen oder anderen Story war Marko ja nicht schuldlos, aber man hat vergessen, dass es ein junger Mann ist, der viel mitgemacht hat - im positiven wie im negativen."

Den Tiefpunkt erlebte er als Leihgabe beim Champions-League-Sieger Inter Mailand, wo ihn José Mourinho als Kind verspotten ließ. Aber brauchen Halbwüchsige nicht manchmal einfach eine starke Hand? „Er hatte sich ein paar Dinge angewöhnt, die uns nicht gefallen haben“, sagt Sportchef Klaus Allofs. Schaaf hat seinen Störenfried im Trainingslager in Bad Waltersdorf vor aller Augen Strafrunden laufen lassen; Wortführer Torsten Frings durfte ihm öffentlich Arroganz vorwerfen, und bei der Champions-League-Qualifikation in Fulham wurde ihm vor versammelter Mannschaft der Rauswurf angedroht.

Maßnahmen, die Wirkung zeigen. „In erster Linie ist Marko ein hervorragender Fußballer“, sagt Schaaf, „der für die ganz besonderen Dinge stehen kann." Nach seinen drei Ausrufezeichen berichtete Arnautovic, Wiener mit serbischen Wurzeln, demütig von „vielen Einzelgesprächen" mit Schaaf; er wisse jetzt, „was ich machen soll und was ich nicht machen soll." Nur bitteschön solle man ihn nicht in eine Schublade pressen. „Ich bin jung, ich habe manchmal meine Aussetzer, aber sonst ist alles okay. Wer mich näher kennt, weiß, dass ich ein netter Mensch bin." Schaaf jedenfalls hat schon mal versprochen, er werde es hinkriegen, „dass ihn alle Bremer lieben."

Frank Hellmann

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.