„Männer spielen auch oft schlecht“

Nia Künzer, WM-Heldin von 2003, spricht über die Folgen des EM-Triumphs, die Sorge vor leeren Stadien 2011, die junge Spielerinnen-Generation und warum sie den Kampf gegen Vorurteile leid ist
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Neuerdings Publikumsmagneten: DFB-Frauen wie Fatmire Bajramaj
Bongarts/Getty Images Neuerdings Publikumsmagneten: DFB-Frauen wie Fatmire Bajramaj

Nia Künzer, WM-Heldin von 2003, spricht über die Folgen des EM-Triumphs, die Sorge vor leeren Stadien 2011, die junge Spielerinnen-Generation und warum sie den Kampf gegen Vorurteile leid ist

AZ: Frau Künzer, waren Sie gar nicht in Helsinki?

NIA KÜNZER: Nein, ich war ja für die ARD vor Ort, das Finale hat aber das ZDF übertragen. Darum bin ich schon am Dienstag wieder zurückgeflogen, aber natürlich habe ich das Spiel im Fernsehen gesehen. Beeindruckend.

So beeindruckend, dass es auch einen neuen Boom auslösen wird?

Nein, sicher nicht. Dafür reicht eine Europameisterschaft inzwischen nicht mehr aus. Es war vielmehr ein Ausrufezeichen und eine gute Werbung für die WM bei uns in zwei Jahren. Rein sportlich ist das eine Bestätigung für die Erfolgsgeschichte des Frauenfußballs in Deutschland.

Woanders ist Frauenfußball weniger erfolgreich und weniger beliebt. Zu sehen an den leeren Stadien in Finnland.

Das muss auch ein Warnsignal sein für uns. Wenn ich durch Tampere oder Helsinki gegangen bin, da war die EM im Stadtbild ja gar nicht präsent. Nirgendwo Plakate. Wie leicht hätte man die Stadien doch auch mit Schulklassen füllen können. Ich bin sicher, dass der DFB da bei uns ganz anders an die Sache rangeht. Es sollte uns aber auch zeigen, dass es kein Selbstläufer ist. Bei Spielen ohne deutsche Beteiligung wird das sicher schwer, dass das Stadion voll wird.

Was an der mangelnden Qualität der Spiele liegen dürfte, aber auch daran, dass anders als bei der Männer-WM 2006 nicht zehntausende Fans aus Brasilien, Ghana oder Korea ins Land strömen werden.

Richtig. Da werden sie kräftig die Trommel rühren müssen. Für die deutschen Spiele habe ich da gar keine Bedenken, die sind sicher alle ausverkauft, denn die haben ja selbst beste Werbung für sich gemacht. Die Frauen sind unheimlich beliebt, das merkt man auch daran, dass immer mehr Sponsoren kommen, dass es immer mehr PR-Aufnahmen gibt, auf denen die Spielerinnen auch außerhalb des Platzes zu sehen sind.

Zu verdanken ist das aber auch den neuen, jungen Nationalspielerinnen. Der herbe Charme einer Birgit Prinz ließ sich ja auch nicht so gut vermarkten.

Manche tun sich einfach schwer, damit umzugehen. Das jetzt ist eine ganz andere Generation. Ob Celia Okoyino da Mbabi, Lira Bajramaj oder Kim Kulig, ich finde die alle sehr erfrischend. Und das ist nicht nur sportlich gemeint, sondern wie sie sich präsentieren. Das sind alles tolle Fußballerinnen, können eben aber auch mit der erhöhten Aufmerksamkeit gut umgehen, ohne den Boden zu verlieren. In einem Mannschaftssport wie Fußball mag es schwerer sein, dass sich einzelne Persönlichkeiten herausschälen, aber auf Dauer und vor 2011 wird sich das nicht vermeiden lassen. Denn jede Sportart braucht Gesichter, um sich besser zu vermarkten.

Und um besser akzeptiert zu werden. Spüren Sie denn noch immer Vorurteile gegen Frauenfußball?

Ach wissen Sie, die Zeit, dass wir gegen Vorurteile und für unsere Emanzipation kämpfen, die sollte doch vorbei sein. Entweder es interessiert sich einer dafür oder er lässt es sein. Unser Fußball kann manchmal attraktiv sein, und manchmal gibt es eben auch schlechte Spiele. Aber gibt es die bei den Männern nicht? Ich könnte Ihnen sofort mühelos jede Menge Spiele aufzählen, wo auch Männer oft schlecht gespielt haben, wo das Niveau niedrig war. Natürlich gibt es viel zu tun, die Bundesliga bei den Frauen hinkt noch gewaltig hinterher, das muss sich noch weiter etablieren. Aber Vorurteile bei der Nationalmannschaft? Nein, dafür ist unser Standing viel zu gut. Wir sollten endlich aufhören, dass wir uns schlechter machen als wir sind.

Interview: Florian Kinast

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