Löws Vorliebe für die Bayern
Hier erklärt der Bundestrainer, warum auch bei der EM Lahm und Co. den Vorzug vor den national erfolgreicheren Dortmundern erhalten werden – und wieso er selbst Facebook und Twitter meidet
MÜNCHEN Einen Freifahrtschein hat der Bundestrainer ausgestellt bekommen. Um seinen Job muss Jogi Löw nicht einmal fürchten, sollte seine Mannschaft bei der EM in Polen und der Ukraine in der Vorrunde scheitern. „Das Ergebnis kann doch gar nicht so katastrophal sein, dass der qualitativ hochwertige Job, den Jogi nun schon über einen sehr langen Zeitraum abliefert, ohne EM-Erfolg völlig anders bewertet wird”, sagte DFB-Sportdirektor Matthias Sammer im „Focus”. „Wir müssten in einem solchen Fall auch mal mit dem Bundestrainer durch eine schwierige Phase gehen.”
Doch mit einem Flop rechnet der 52-jährige Badener ganz und gar nicht. Vor dem Auftaktmatch am Samstag gegen Portugal sagt er: „Wir streben den Titel an.”
Ansonsten sprach der Bundestrainer über:
Die Qualität seiner aktuellen Nationalmannschaft: „Es ist vielleicht die talentierteste Mannschaft (in Löws Amtszeit, d.Red.). Die jungen Spieler haben eine gute Qualität. Aber manche haben mehr nationale Erfahrung und weniger internationale. Das muss man bedenken.”
Die EM-Chancen der Dortmunder: „Götze, Schmelzer, Gündogan müssen international noch einen Sprung machen bei einem Turnier
Sein Ziel: „Man sollte nicht ständig vom Titel sprechen. Manche Nationen haben 50 Jahre gewartet wie die Spanier. Wir streben den Titel an, aber wir wollen mit Leichtigkeit spielen und nicht verkrampfen. Wir wollen attraktiven, modernen Fußball spielen.”
Ausnahmetalent Mario Götze: „Mario ist ähnlich veranlagt wie Mesut Özil. Spielintelligenz und Technik sind bei ihm in ganz jungen Jahren ausgereift. Zuzutrauen ist ihm sehr viel in den nächsten Jahren. Mario bringt enorm viel mit, um ein Weltklassespieler zu sein.”
Nationaltorhüter Manuel Neuer: „Bei Bayern gibt es nicht mehr so viele Torchancen, wo er eingreifen kann. Das ist für ihn eine Umstellung, die ihm jedoch gelungen ist. Er hat in vielen Spielen seine Klasse bewiesen. Ich sehe bei ihm mehr Selbstbewusstsein, das Bayern-Gen. Besonders in den Elfmeterschießen im DFB-Pokal-Halbfinale sowie im Halbfinale und im Endspiel der Champions League hat er seine Nervenstärke bewiesen. Dass ein Torwart mitten im Elfmeterschießen hingeht und einen Elfmeter schießt, habe ich noch nicht so häufig erlebt. Wenn mal fünf geschossen sind, beim sechsten, siebten oder achten, okay. Aber dass ein Torwart mitten im Elfmeterschießen diesen Mut besitzt, ist außergewöhnlich.”
Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter: „Für mich spielen sie nur eine ganz untergeordnete Rolle, weil ich teilweise auch schlechte Erfahrungen damit mache. In Facebook gibt es ja Leute, die unter meinem Namen eine Seite betreiben. Das kann ich nicht akzeptieren. Aber ich verstehe auch die Spieler, das ist eine andere Generation. Für sie ist es vollkommen normal, dass sie Bilder rausschicken, dass sie Dinge in die Öffentlichkeit geben, was sie empfinden oder was sie so tun. Ich suche den Kontakt mit ihnen per Telefon oder E-Mail. Das ist mein Stil, das ist für mich in Ordnung, mehr nicht.”
Seine Abstinenz in Talkshows: „Ich bin nicht im Showgeschäft und bin auch nicht auf politischer Ebene tätig. Ich tue das, was für mich an erster Stelle steht. Bundestrainer zu sein, bedeutet für mich, sich voll auf Fußball zu konzentrieren.”