Löw: Wir sind noch nicht am Zenit
FRANKFURT Jahreswechsel, Zeit zur Besinnung, zum Rückblick – und für gute Vorsätze. Davon hat Joachim Löw jede Menge – wie er den Nachrichtenagenturen dpa und sid verriet. Hier lesen Sie, was der Bundestrainer mit Blick auf 2013 zu sagen hat. Löw über...
Rückblick auf 2012: „Insgesamt war das Jahr ein wenig durchwachsen. Man hat schöne Momente erlebt, auch bei der EM, obwohl wir vom Ausscheiden gegen Italien natürlich tief enttäuscht waren. Auch das Spiel gegen Schweden vergisst man nicht so schnell. Das war so, als wenn ein Kind auf die heiße Herdplatte fasst und sich dabei die Finger verbrennt. Ich denke, dass man der Nationalmannschaft die Note Zwei geben kann, zu einer Eins hat der letzte Schritt gefehlt.”
Was zur Note 1 noch fehlt: „Wir haben die ein oder andere Grenzerfahrung machen müssen gegen Italien und Schweden. Das hat aber auch einen nachhaltigen Lerneffekt. Unsere Mannschaft hatte in vielen wichtigen Spielen die richtigen Lösungen parat. Wir hatten oft diese Mentalität auf dem Platz. Wichtig wird aber sein, dass wir diese Top-Performance ständig abrufen, um dann bei der WM bis zum krönenden Abschluss durchzukommen. Da fehlen uns noch ein paar Prozent.”
die Ziele für 2013: „Das Jahr ist sicher ein Jahr der Konzentration. Wir wollen uns aber bereits einstimmen auf 2014. Im vergangenen Jahr gab es ja einige Grenzerfahrungen wie das EM-Aus gegen Italien oder das 4:4 gegen Schweden. Jetzt habe ich das Gefühl, dass sich die Situation gedreht hat. Wir wollen wieder angreifen.”
die Lehren aus den Enttäuschungen: „Es ist wichtig, dass die Lernkurve unserer jungen Mannschaft weiter nach oben geht, wobei die Entwicklung in den letzten Jahren rasant war. Unsere Fußball-Könner, um die wir beneidet werden, müssen sich noch mehr zu einer Siegermannschaft bei einem Turnier entwickeln. Das bleibt das Ziel.”
Taktische Mängel: „Wir haben gesehen, dass wir Probleme gegen Mannschaften haben, die früh attackieren wie Italien oder Schweden. Wenn wir auf Unwägbarkeiten stoßen, müssen wir besser reagieren. Wir verlassen dann unsere Linie, verlieren die Ordnung. Wir müssen unserem Spielstil, unserem Können treu bleiben. Auch die Defensive bleibt das Thema. Das müssen wir stabilisieren.”
Kritik an seiner Person: „Ich denke, dass das Vertrauen in unsere Arbeit absolut vorhanden ist, auch wenn das ein oder andere Ergebnis nicht so positiv war. Wir sind auf Schwierigkeiten gestoßen. Ich kann die Kritik auch nachvollziehen und sie einordnen. Gegen Italien bin ich als Trainer verantwortlich, dass so etwas nicht passiert. Da ist es dann klar, dass Dinge hinterfragt werden. Aber so etwas wirft mich nicht aus der Bahn. Ich habe großes Vertrauen in die Mannschaft und stehe zu unserer Philosophie.”
eine mögliche Vertragsverlängerung: „Vor Ende 2013 wird es keine Gespräche geben. Dazu gibt es auch keine Veranlassung. Erst einmal wollen wir uns für die WM in Brasilien qualifizieren. Dann wird man in Ruhe mit dem Verband überlegen, welche weiteren Schritte man einleitet. Jetzt darüber nachzudenken, was nach 2014 kommt, macht wenig Sinn. Was man immer beachten muss: Wie ist das grundsätzliche Verhältnis zur Mannschaft? Sind alle bereit, diesen Weg weiterzugehen? Gibt es eine Weiterentwicklung? Das muss ein Trainer bewerten. Daran macht man eine Entscheidung fest. Als Trainer muss man sich in erster Linie an den Ergebnissen messen lassen. Deshalb muss man sehen, wie das nächste Jahr aussieht."
seinen Traum vom WM-Titel: „Ich sehe gute Perspektiven. Für uns wäre es das Allergrößte, wenn wir 2014 Weltmeister werden. Meine ganze Konzentration gilt dem Jahr 2013. Diese junge Mannschaft ist noch nicht am Zenit. Wir werden die Dinge so vorbereiten, dass wir 2014 absolut konkurrenzfähig sind. Eine Titelgarantie gibt es aber nicht.”
den Erfolg der Bundesliga-Teams in den internationalen Wettbewerben: „Es ist positiv, dass alle unsere Mannschaften, die international angetreten sind, die Gruppenphase überstanden haben. Das hatten wir schon lange nicht mehr, gerade in der Champions League. Das war ja mein Wunsch schon in den vergangenen Jahren, dass wir mehr Mannschaften in der K.o.-Runde haben, nicht nur die Bayern. Weil es für die Spieler wichtig ist, Erfahrungen zu sammeln auf diesem hohen Niveau. Man kann sie sich auch nicht kaufen, man muss sie sich über mehrere Jahre erarbeiten. Jetzt haben wir die Situation: Alle sieben Vereine sind weiter. Das ist gut für uns.”
Bayerns Titelchancen in der Liga: „Die Bayern sind in diesem Jahr schon sehr dominant. Sie haben so einen Riesenvorsprung, dass die Bundesliga an Spannung schon fast ein bisschen verloren hat. Bei so einem Vorsprung kann ich mir nicht vorstellen, dass sie sich noch die Butter vom Brot nehmen lassen.”