Lizarazu: "Irrenhaus! Sie haben unser Trikot besudelt"
Die Reaktionen nach der französischen Blamage in Südafrika sind schonungslos. Sarkozy trifft Thierry Henry, Kapitän Evra kündigt an, auspacken zu wollen
PARIS Frankreichs Fußball liegt in Trümmern, der Staatspräsident ist in höchster Alarmbereitschaft – doch das Hauen und Stechen geht weiter. Nach dem blamablen WM-Aus mit Streit, Intrigen und einer Revolte kündigte der abgesetzte Kapitän Patrice Evra „die Wahrheit“ an. Auch sein Mannschaftskollege Florent Malouda unterstellte den Verbandsoberen Lügen.
Die Reaktionen in der Heimat waren so drastisch und schonungslos wie nie. Ex-Bayern-Star und Weltmeister Bixente Lizarazu klagte etwa über Spieler und Verband: „Das ist ein Irrenhaus. Diese Leute haben unser Trikot besudelt.“ Und Sportministerin Roselyne Bachelot schimpfte: „Die französische Mannschaft ist ein Trümmerfeld, physisch, technisch und moralisch.“ Gleichzeitig kündigte sie Konsequenzen an: „Alle Akteure dieses Desasters, die Spieler, die Verantwortlichen des Verbandes, müssen ihre Rechnung bekommen.“
Staatspräsident Nicolas Sarkozy berief am Mittwoch bereits eine Kabinettssitzung ein, am Donnerstag will er Angreifer Thierry Henry zum Gespräch treffen.
Die Zeit der Abrechnung kündigte Evra, der nach dem Rauswurf von Nicolas Anelka den Trainingsboykott der verbliebenen Spieler maßgeblich initiiert hatte, bereits an. „Alle Franzosen haben ein Recht auf Erklärungen für dieses Debakel“, sagte er und versprach: „Ich werde sie ihnen geben. Ich werde ihnen sagen, was wirklich passiert ist. Ich werde die Wahrheit sagen. Ich habe nichts zu verbergen.“
Für die meisten Franzosen ist neben der „Bande von traurigen Trotteln“ (La Presse de la Manche) der ungeliebte Domenech der Hauptverantwortliche dafür, dass die Equipe Tricolore zehn Jahre, nachdem sie als Welt- und Europameister auf dem Gipfel stand, zerstritten, gedemütigt und zerstört am Boden liegt. Der 58-Jährige, der schon bei der EM 2008 in der Vorrunde scheiterte, sprach vom „Ende eines außergewöhnlichen Abenteuers mit Höhen und Tiefen“ und behauptete zum Abschluss seiner sechsjährigen Amtszeit allen Ernstes: „Ich habe einige gute Sachen für die Zukunft gesehen.“ Was nur den Realitätsverlust zeigte, unter dem Domenech schon die gesamten letzten Jahre litt.
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