Länderspielabsagen hatten immer traurigen Hintergrund
Deutschland gegen Italien – ein Klassiker, der am Dienstag wegen der Corona-Krise nicht stattfinden kann. In den letzten 30 Jahren mussten mehrere Länderspiele abgesagt werden, stets aus traurigen Gründen.
Nürnberg - Ungewollt derbe Ironie des Schicksals in Zeiten der weltweiten Coronavirus-Krise: Beim Länderspiel gegen Italien am 31. März sollten Fans im Max-Morlock-Stadion von Nürnberg besonders eng zusammenstehen können.
Erstmals seit mehr als 20 Jahren bot der DFB für diesen als EM-Test geplanten Klassiker wieder Stehplatztickets an – zum Preis von lediglich fünf bis 15 Euro. Die Corona-Pandemie machte die schöne Idee zunichte. Und so musste erstmals seit viereinhalb Jahren ein Heimländerspiel abgesagt werden.
In der DFB-Geschichte wurden zuvor bereits vier weitere Auftritte der Landesauswahl in heimischen Gefilden kurzfristig ersatzlos gestrichen. Die – stets traurigen – Hintergründe dazu...
"Vereinigungsspiel": 21. November 1990 in Leipzig
Die Bundesrepublik und die DDR waren in eine Gruppe der Qualifikation zur EM 1992 gelost worden. Die historischen Aufeinandertreffen des amtierenden Weltmeisters mit dem untergegangenen SED-Staat wurden von der Geschichte eingeholt. Im Leipziger Zentralstadion sollte das Heimspiel des ostdeutschen Verbandes steigen, das "Rückspiel" 1991 in München (!) stattfinden.
Nach der Wiedervereinigung und dem Rückzug des DDR-Verbandes aus der Qualifikation wollte man die Partie als "Vereinigungsspiel" bzw. "Fest des deutschen Fußballs" austragen. Doch bei Ausschreitungen rund um das Oberliga-Spiel zwischen dem FC Sachsen Leipzig und dem FC Berlin am 3. November kam Fußballfan Mike Polley durch Schüsse eines Polizisten ums Leben. Wegen Sicherheitsbedenken sagte der DFB die Partie kurzfristig ab, weil man Krawalle ost- und westdeutscher Hooligans befürchtete.

Hitlers Geburtstag: 20. April 1994 in Berlin
Bei der Wahl des Datums für ein im Berliner Olympiastadion geplantes Testspiel gegen die englische Nationalelf hatte man schlicht übersehen, dass es sich um den 105. Geburtstag von Adolf Hitler handelte. München, Hannover und schließlich Hamburg lehnten als Austragungsorte dankend ab. Hamburgs Innensenator Werner Hackmann, später DFL-Chef, rechnete mit rund 10.000 Rechtsextremen.
Die dann nach Berlin, an den Ort der NS-Spiele von 1936 (in Berlin hatte man dennoch weniger Sicherheitsbedenken) verlegte Partie sagte schließlich der englische (!) Verband fünf Tage zuvor ab – aus Sorge vor einer zu großen Bühne für Gewalt von Neonazis und Hooligans.
"Wir haben dem DFB eine Entscheidung abgenommen, die er selbst hätte treffen müssen", hieß es aus London. 50.000 verkaufte Tickets mussten erstattet werden, der DFB machte drei Millionen Mark Verlust. Ganz abgesehen vom Image-Schaden.

Robert-Enke-Gedenken: 14. November 2009 in Köln
Vier Tage zuvor hatte sich der an Depressionen leidende Nationaltorwart Robert Enke im Alter von 32 Jahren das Leben genommen. Wegen des tragischen Suizids sagte der DFB das in Köln geplante Freundschaftsspiel gegen Chile ab.
"Niemand fühlt sich in der Lage, in dieser Situation einfach zur Tagesordnung überzugehen und ein Fußballspiel zu bestreiten", sagte Bundestrainer Joachim Löw. Diese Absage wurde nicht im Ansatz kontrovers diskutiert, sondern von allen Seiten begrüßt.
Terror-Angst: 17. November 2015 in Hannover
So kurzfristig, lediglich 90 Minuten vor Spielbeginn, musste kein Länderspiel in der DFB-Geschichte abgesagt werden. Als sich der Mannschaftsbus nur rund fünf Kilometer vor der HDI-Arena in Hannover befand, bekam die Delegation des DFB aufgrund von nachrichtendienstlichen Anschlagswarnungen eines französischen Geheimdienstes den Befehl umzukehren.
Das Testspiel gegen die Niederlande sollte nach den verheerenden Terroranschlägen von Paris vier Tage zuvor (unter anderem auf das Stade de France während des Länderspiels von Frankreich gegen Deutschland) eigentlich als "Trotzspiel" durchgeführt werden und Normalität zurückbringen.
Das Stadion wurde evakuiert und großräumig abgesperrt, die Nationalmannschaft an einen geheimen, sicheren Ort gebracht. Vermutete Sprengsätze konnte man glücklicherweise nicht finden.
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