"Kein Blankoscheck": Grünes Licht für Milliarden-Deal im Profifußball

Frankfurt/Main - Im zweiten Anlauf innerhalb von sieben Monaten haben die 36 Profivereine für den Einstieg eines externen Investors bei der Deutschen Fußball Liga gestimmt. Die Fans reagieren mit Kritik. Der Weg für den Milliarden-Deal der Deutschen Fußball Liga ist frei.
24 Ja-Stimmen bedeuten gerade eben die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit
Nach monatelangem Werben erhielt die DFL-Spitze um die beiden Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel am Montag bei der Mitgliederversammlung das Mandat, Verhandlungen für eine strategische Partnerschaft mit einem externen Investor aufzunehmen.
Bei dem Treffen der 36 Profivereine in einem Frankfurter Flughafen-Hotel erzielte ein entsprechender Antrag mit 24 Ja-Stimmen gerade so die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit, die im Mai dieses Jahres noch knapp verfehlt wurde. Zehn Vereine stimmten mit Nein, zwei enthielten sich.
DFL-Geschäftsführer Lenz: "Wir werden verantwortungsvoll damit umgehen"
"Das ist ein gutes Zeichen, dass wir gemeinsam – DFL wie auch die Klubs – die Bundesliga und 2. Bundesliga weiterentwickeln wollen", sagte Lenz. Das Abstimmungsergebnis sei "eine gute Grundlage für uns, jetzt handeln zu können", ergänzte Lenz und versprach: "Wir werden verantwortungsvoll damit umgehen."
Lenz: "Ein gutes Signal für die Vergabe der neuen Medienrechte"
Die Geschäftsführung der Dachorganisation des deutschen Profi-Fußballs wird nunmehr konkrete Gespräche mit einem potenziellen Vermarktungspartner aufnehmen. Sechs Unternehmen sollen ihr Interesse an einer Zusammenarbeit mit der DFL bekundet haben.
Für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen soll ein Finanzinvestor eine Milliarde Euro zahlen. Der Vertrag soll eine Maximallaufzeit von 20 Jahren haben und bis zum Beginn der Saison 2024/25 unterzeichnet sein. "Der Prozess läuft bis Ende März kommenden Jahres und soll ein gutes Signal für die Vergabe der neuen Medienrechte im zweiten Halbjahr geben", sagte Lenz.
Aus dem Fan-Lager gibt es heftige Kritik
Die DFL will das Geld vornehmlich für den Ausbau ihrer Infrastruktur nutzen. Dazu zählen eine weitere Digitalisierung und Internationalisierung sowie der Aufbau einer eigenen Streaming-Plattform.
Aus dem Fan-Lager gab es heftige Kritik an der Entscheidung. "Die wohlfeilen Worte der DFL in der Corona-Pause haben sich endgültig in Luft aufgelöst. Geld steht über allem. Die Einzigartigkeit des deutschen Fußballs wird für ein aussichtsloses Rattenrennen mit der Premier League über Bord geworfen", hieß es in einer Mitteilung des Fan-Bündnisses "Unsere Kurve".
Lenz: "Das ist kein Anteilsverkauf der DFL"
Dem widersprach DFL-Geschäftsführer Lenz. "Das ist kein Anteilsverkauf der DFL, sondern ein Erlösmodell mit klaren roten Linien", sagte er. "Dieses Modell ist sehr ähnlich dem, was es im Umfeld vieler Klubs längst gibt."
Dennoch: Bis zuletzt hatte es bei den Fans Widerstand gegen den Deal gegeben. Sie befürchten dadurch eine Wettbewerbsverzerrung. "Die Folgen dieser Entscheidung verschärfen die ungleichen Chancen in den deutschen Ligen zugunsten eines zunehmend künstlichen Produktes der internationalen TikTok Welt", schrieb "Unsere Kurve". Das Ergebnis sei ein Rückschlag.
Die Anhänger hatten ihren Protest am zurückliegenden Wochenende in vielen Stadien auf Spruchbändern zum Ausdruck gebracht. "Das haben wir natürlich vernommen", sagte DFL-Geschäftsführer Merkel und fügte hinzu: "Wir haben uns das zu Herzen genommen und in dem Antrag entsprechend reflektiert."
FCB-Vorstandschef Dreesen: "Wichtiger Schritt für die Entwicklung der Liga"
Zugleich wies die Liga-Führung die Befürchtungen der Fans energisch zurück. "Der Zugriff des Partners auf sportliche Themen ist ausgeschlossen. Die Klubs behalten die relevante Entscheidungshoheit", sagte Lenz.
Bayern Münchens Vorstandschef Jan-Christian Dreesen zeigte sich erleichtert über die mehrheitliche Zustimmung der Proficlubs in der Investoren-Frage. Das sei ein wichtiger Schritt für die "Entwicklung der Liga, die Gestaltungsmöglichkeit in eine Weiterentwicklung was die digitale Infrastruktur betrifft, und damit sind wir ganz zufrieden", sagte Dreesen.
Präsident Oke Göttlich vom Zweitligisten FC St. Pauli betonte, die demokratische Entscheidung "selbstverständlich respektieren" zu wollen: "Wichtig ist in dem weiteren Prozess, eine faire und sinnvolle Verteilung von Geldern zu erreichen, um den nationalen Wettbewerb attraktiver zu gestalten und damit auch finanziell zu stärken." Nun werde sich zeigen, "wie stark die Gemeinschaft der DFL tatsächlich ist".
Fernando Carro, Geschäftsführer von Bundesliga-Spitzenreiter Bayer Leverkusen, begrüßte die Entscheidung. "Im Sinne des deutschen Fußballs war es notwendig, Klarheit zu haben – sei es dafür oder dagegen, sagte Carro. Zugleich betonte er: "Heute ist nur ein kleiner Schritt gemacht worden. Die Arbeit fängt für die Geschäftsführung und das Präsidium jetzt erst richtig an." Die DFL-Führung müsse mit den interessierten Investoren "hart verhandeln, denn es geht hier um das Geld des deutschen Fußballs – und das ist ja kein Blankoscheck."