„Katastrophal! Das war nicht Werder Bremen“

Werder Bremen nach dem 0:3-Debakel gegen Athen: Jetzt wird sogar das Trainer-Denkmal Thomas Schaaf in Frage gestellt.
von  Abendzeitung
Verschnupft - und jetzt auch in der Kritik: Werder-Trainer Thomas Schaaf.
Verschnupft - und jetzt auch in der Kritik: Werder-Trainer Thomas Schaaf. © dpa

Werder Bremen nach dem 0:3-Debakel gegen Athen: Jetzt wird sogar das Trainer-Denkmal Thomas Schaaf in Frage gestellt.

BREMEN Man wusste nicht, ob man Klaus Allofs besser eine dieser wärmenden Daunenjacken hätte geben sollen, die jeder Verein im herbstlichen Equipment führt. Sie werden verschwitzten Fußballspielern immer dann gereicht, wenn bereits auf dem Rasen nach langatmigen Erklärungsmustern gefahndet wird. Werders Sportchef trat nach dem 0:3-Debakel gegen Panathinaikos Athen nur mit einem luftigen Anzug in die Mixed Zone – mit dem Wissen, dass es ungemütlich werden könnte. Er verspüre Wut, das Wort Enttäuschung reiche nicht, sagte er. Und Allofs kochte. „Ich kann mich an kein Spiel erinnern, dass wir so ohne Gegenwehr, ohne Mumm beendet haben. Das ist das Schlimmste, was man einem Sportler vorwerfen kann.“ Auf der Bühne Champions League habe man so nichts verloren. „Ein katastrophales Spiel“, so Allofs, „so geht das nicht. Das war nicht Werder Bremen."

Sondern? Eine Gruppe mit viel zu vielen Schöngeistern, die beim geringsten Widerstand einknicken, allen voran der so hochgelobte Diego. „Keiner steht dem anderen zur Seite“, räumte Allofs ein, „da war kein Aufbäumen, kein Engagement, kein Wille.“ Im Grunde, so der 51-Jährige, könne man sich bei den Fans nur entschuldigen: „Das Publikum war noch gnädig zu uns.“

Folglich hat das oft beschworene ach so heile grün-weiße Gebilde im Herbst 2008 hässliche Risse. Und damit fallen auch die letzten Tabus. Etwa das Werder-Gebot, Thomas Schaaf niemals in Frage zu stellen. Es war eine der Besonderheiten dieses entsetzlichen Europapokalspiels, dass Allofs seit Ewigkeiten auch Fragen nach dem Trainer zu beantworten hatte. Sein Leitsatz lautet zwar: „Wir sollten zuerst den Hebel bei den Spielern ansetzen.“ Aber es gibt auch im Idyll der Hansestadt Kritiker, die die vermeintliche Monotonie des Trainingsbetriebs bemängeln, die die ständigen Muskelverletzungen – wie beim ein- und gleich wieder ausgewechselten Clemens Fritz – hinterfragen. Und wie flexibel ist das starre 4-4-2-System Schaaf'scher Prägung? Allofs spielt den Beschützer: „Ich weiß, wie Thomas Schaaf arbeitet, wie er trainiert." Aber: Wie viele Ansprachen, Aussprachen will der 47-jährige eigentlich noch ansetzen?

Der Chefcoach, der im Mai 2009 sein zehnjähriges Dienstjubiläum feiern würde, beklagte erneut die ewig gleichen Fehler: „Wir sind in Passivität verfallen. Wir haben nur im Raum gestanden, sind brav nebenher gelaufen.“ Doch die Schonzeit für einen stagnierenden, selbstgefälligen Kader ist laut Allofs abgelaufen. „Wenn die Spieler einige Dinge nicht verstehen wollen, dann muss man entweder seine Erwartungshaltung herunterschrauben oder man muss sich von den Spielern trennen. Und an unserer Erwartungen wollen wir nichts ändern."

Zunächst also scheint Allofs bei den Spielern aufräumen zu wollen. Schaaf genießt Schonfrist. Noch.

F. Hellmann

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