Jogi van Gaal

Bundestrainer Löw ändert mit Blick auf die Qualifikationsspiele seine Philosophie. Und es scheint, als habe er, was System und Stammplätze angeht, Anleihen beim Bayern-Coach gemacht
LEVERKUSEN Es gibt ein neues Schlagwort im modernen Fußball: Dominanz. Immer mehr Trainer wollen, dass ihre Mannschaft bestimmend auftritt, dem Gegner ihr System aufzwingt. Und wer dominant spielt, kann sich auch leisten, etwas arrogant auftreten. Hauptsache erfolgreich. Damit wären wir bei Louis van Gaal, dem Bayern-Trainer, der seine Philosophie vom holländischen Fußball gerade in München etablieren. Dominanz dank Ballbesitz. Arroganz dank Kontrolle. Erfolg dank Flügelspiel. Wie das im Idealfall aussieht, war vor einer Woche in der zweiten Halbzeit beim 3:0 der Bayern gegen Wolfsburg zu sehen.
Und nun hat sich auch Joachim Löw die Vorzüge dieser Philosophie zu eigen gemacht. Vor dem 2:0 im Test hatte der Bundestrainer gesagt: „Gegen Südafrika und Aserbaidschan wollen wir auf dem Platz Dominanz ausstrahlen." Gemäß dieser Maxime stellte er sein System um und überraschte auch mit der Aufstellung - als habe er sich einiges vom Bayern-Trainer angeschaut. Er, der Jogi van Gaal.
Das Spielsystem: Dank der Verpflichtung von Arjen Robben kann van Gaal mit dem Holländer rechts und Franck Ribéry links ein 4-3-3 mit Flügelzange spielen. Gegen Südafrika wandte sich Löw auch erstmals vom traditionellen deutschen 4-4-2-System ab, versuchte es ebenfalls mit der offensiveren Variante. „Wir haben das unter der Woche trainiert", sagte Löw, „ich wollte eine etwas veränderte Grundordnung sehen, mit anderen Aufgaben für die Spieler. Dabei braucht man Spieler, die über außen kommen können." Daher setzte er Marin ein, auch Schweinsteiger und Özil kamen oft über den Flügel. Der Vorteil: Mehr Flexibilität, weil aus dem 4-3-3 schnell ein vorsichtigeres 4-5-1 werden kann.
Die Abschaffung der Stammplätze: In München verschaffte sich van Gaal als neuer Coach Respekt, als er ankündigte, es gebe keine Stammplätze mehr. Nur eine Regel bleibt: Der Kapitän spielt immer. Was auch im DFB-Team gilt. Nach schwachen Auftritten in Aserbaidschan (2:0) und China (1:1) hat Löw abgesehen von Kapitän Michael Ballack mit der Aufstellung gegen Südafrika ein Zeichen gesetzt: Niemand soll sich zu sicher sein, auch nicht Abwehr-Chef Per Mertesacker oder Mittelfeld-Arbeiter Thomas Hitzlsperger. Löw macht vor den Qualifikationsspielen den etablierten Stars Druck: „Ich wollte ein paar Alternativen sehen."
Der Fall Miro Klose:
Die Torwart-Rotation: „Ein Torhüter ist für mich wie ein Feldspieler, auch ihn kann man auswechseln." Starre Vorgaben und Erbhöfe gibt es bei ihm nicht, das musste Michael Rensing bereits spüren. Auch beim DFB übt man sich derzeit in Torwart-Rochaden (siehe Bericht unten).
Sich nur nicht reinreden lassen, den Spielern zeigen, wer der Chef ist - auch das ist Dominanz.
Patrick Strasser