Jansen arbeitet anders

Der Außenverteidiger führt in Hamburg eine Marketingagentur. Im DFB-Quartier hält er sich auf dem Laufenden, „damit der Kopf frei ist“.
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Der Außenverteidiger führt in Hamburg eine Marketingagentur. Im DFB-Quartier hält er sich auf dem Laufenden, „damit der Kopf frei ist“.

AZ:Herr Jansen, bei der letzten Weltmeisterschaft, 2006 in Deutschland, waren Sie das Nesthäkchen. Jetzt gehören Sie mit 24 Jahren schon zu den Älteren.

MARCELL JANSEN: Ja, das ist wirklich komisch. Bei den letzten beiden Turnieren war ich jeweils der Jüngste, und plötzlich bin ich in der Mitte. Aber das ist ja, was passieren muss: Es darf nie passieren, dass einer in meinem Alter der Jüngste ist. Dann würde ja keine Entwicklung stattfinden. Du brauchst doch neue Spiele, es geht doch weiter.

Vor Beginn des Turniers hieß es, die deutsche Mannschaft sei vielleicht doch zu jung und zu unerfahren.

Niemand kann etwas dafür, dass erfahrene Spieler aus Verletzungsgründen ausgefallen sind. Dann muss man das so nehmen, wie es kommt. Bei uns stimmt einfach die Entwicklung: Wir haben eine tolle Mannschaft, wir haben eine tolle Jugendarbeit, ein tolles System. Klar kann in einer Phase, wo sich viele noch finden müssen, auch mal etwas in die Hose gehen. Aber das soll man nicht anprangern. Schauen Sie mal nach unten: Wann sind deutsche Jugendmannschaften wie 2008 und 2009 schon einmal in Serie mit Titeln nach Hause gekommen?

Sie sind jetzt seit dem 7. Juni in Südafrika, am 12. Mai hat sich die Mannschaft in Düsseldorf zur WM-Vorbereitung getroffen – haben Sie noch keinen Lagerkoller?

Nein, das ist ja auch gut hier. Der DFB hat sich wie immer viele Gedanken gemacht, damit das gar nicht erst entsteht.

Spieler wie Sie brauchen aber auch eine Balance für Körper und Kopf. Kommt der Kopf hier nicht zu kurz?

Wir sind hier technisch sehr gut ausgerüstet, und man kann mit Computern und Kameras viele Sachen machen, die einen ablenken. Per Skype und i-Chat sind wir gut versorgt, da kann man auch richtig was arbeiten hier.

Arbeiten?

Ja, ich führe eine Marketingagentur in Hamburg – und arbeite hier vom Teamhotel in Südafrika etwas mit. Es ist jetzt nicht so, dass ich hier täglich drei oder vier Stunden am Computer sitze. Aber ich halte mich auf dem Laufenden, lasse mir wichtige Dinge als Email schicken, schau die durch und telefoniere mit meinen Mitarbeitern. Das mache ich, damit der Kopf ein bisschen frei ist.

Sie haben noch kein Spiel von Beginn an machen dürfen (das Interview wurde vor dem Halbfinale geführt, d. Red.). Sie wurden zwei Mal eingewechselt - wenn Sie für Joachim Löw ein Bewerbungsschreiben aufsetzen müssten: Was stünde drin?

Ich habe in den vergangenen Jahren ja auf beiden Positionen gespielt: hinten defensiv und im Mittelfeld. Mit unterschiedlichen Erfahrungen in der Nationalelf. Bei der Europameisterschaft 2008 habe ich gegen Kroatien einen Bock geschossen, das wurde an die ganz große Glocke gehängt, obwohl wir in diesem Spiel insgesamt schwach waren. Aber im Finale habe ich eine Halbzeit lang gegen Spanien gut gespielt, das hat jedoch niemanden interessiert.

Ist das nicht Segen und Problem zugleich - Sie sind vielleicht zu flexibel einsetzbar.

In Traditionsvereinen wie Gladbach und Bayern habe ich links hinten gespielt, in Hamburg oft auch mehr offensiv. Zuletzt habe ich leider zwei oder drei Monate nie 90 Minuten spielen können (wegen einer langwierigen Verletzung, die Jansen auch in der WM-Vorbereitung zu beeinträchtigen drohte, d. Red.). Aber dann habe ich mich hier im Training so aufgedrängt, dass ich wohl einen recht positiven Eindruck hinterlassen habe. Die Entscheidung fällt dem Trainer natürlich dennoch schwer – denn ich bin nicht mit normalen Voraussetzungen angereist. Aber wenn man keine Schmerzen mehr hat, ist man natürlich nicht zufrieden, nur auf der Bank zu sitzen, da will ich mich schon aufdrängen. Das ist mein sportlicher Ehrgeiz.

Es heißt, bei Ihnen sei eine hundertprozentige Fitness im Vergleich zu den anderen Spielern ganz besonders unabdingbar, um die geforderte Leistung zu zeigen.

Jeder Spieler ist am besten, wenn er hundertprozentig fit ist. Aber ich weiß, was damit gemeint ist – nämlich, dass ich schon einige Unfälle hatte, wegen denen ich länger ausgefallen bin. Das waren ja nie Verletzungen, die ich mir wegen unprofessioneller Lebensweise zugezogen hatte, sondern, weil mich einer umgelegt hat oder ich umgeknickt bin. Da kann man so viel Gemüse essen wie man will, so etwas passiert. Ich kam also nie in die Situation vieler anderer Fußballer, die sagen können: Ich bin da, ich bin fit. Ich musste mich immer herankämpfen und weiß, was es bedeutet, bis ich sagen kann: Ich bin fit, ich fühle mich gut.

Wie wichtig sind dabei Ihre Laktose-Intoleranz und das Gluten-Problem?

Das war nur ein Baustein des Problems, aber kein großer. Und wir haben das in den Griff bekommen. Ich esse hier in Südafrika auch nur laktose- und glutenfreie Speisen. Der wichtigste Baustein waren die Verletzungen, die jetzt aber vollständig auskuriert sind. Ich bin richtig gesund. Ich bin bereit. Und mich freut es, dass ich in kritischen Spielen hier schon immer mal wieder ein Thema für die Startelf war.

Interview: Patrick Strasser

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