„Ich habe schon gedacht, es werden 76 Buden“
Unterhachings Stürmer Tobias Schweinsteiger trifft, gibt sich geläutert – und dankt seinem Trainer Ralph Hasenhüttl.
AZ: Herr Schweinsteiger, am Samstag (14 Uhr) kommt Osnabrück in den Sportpark. Sie haben vier Tore in den ersten vier Saisonspielen erzielt. Wenn man das hoch rechnet, werden Sie heuer mit 38 Treffern Torschützenkönig.
TOBIAS SCHWEINSTEIGER: Nach dem ersten Spieltag, als ich gegen Sandhausen zweimal traf, habe ich schon gedacht, dass es 76 Buden werden. Aber im Ernst: Die Saison ist lang, mal schauen, wo es hingeht.
Sie sind plötzlich Hachings Torjäger Nummer 1.
Für mich war es ein guter Start, nur die Ergebnisse von uns waren leider nicht so, wie wir sie uns gewünscht hätten.
Trainer Ralph Hasenhüttl hat Ihnen heuer das Vertrauen ausgesprochen, Sie auch zum ersten Elfmeterschützen ernannt. Wie stolz sind Sie?
Natürlich macht mich das stolz. Das ist ein Vertrauensbeweis vom Trainer. über den ich sehr froh bin. Das war letztes Jahr nicht immer der Fall.
Was war letztes Jahr los?
Dass ich kein Vertrauen hatte, lag auch an mir. Ich habe Fehler gemacht, weil der Trainer erwartet hatte, dass ich als Stürmer vorangehe. Ich war unzufrieden, weil ich nicht so oft gespielt habe. Toni Fink und Thomas Rathgeber waren gesetzt. Letztes Jahr lief es nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte. Umso mehr freu’ ich mich, wie es jetzt ist.
Gab es mal eine Aussprache mit dem Trainer oder sogar den Punkt, wo Sie Haching verlassen wollten?
Es gab mehrere Gespräche. Ich habe den Fehler gemacht, mich zu sehr zu verschließen. Vor der Saison haben wir uns unterhalten. Ich hab ihm gezeigt, dass ich gewillt bin, anzugreifen. Hinschmeißen war nie ein Thema.
Haben Sie sich den Rat Ihres Bruders Bastian geholt?
Wir haben oft geredet, telefonieren täglich und er hat nur gemeint, ich soll ruhig bleiben. Ich bin auch keiner, der irgendwas raushauen würde.
Nach Ihrem ersten Saisontor gegen Sandhausen haben Sie aber eine Geste rausge-hauen, eine abwertende "F*** you"-Armbewegung.
Es gibt einfach mehrere Sachen, die mich nerven.
Erzählen Sie ruhig.
Mir kam es so vor, dass uns nach den Abgängen vom Toni und Oliver Fink und Ricardo Villar jegliche Fähigkeiten weggeschrieben wurden. Wir waren ja schon fast abgestiegen. So was nervt mich. Da hab ich diese Geste gezeigt.
Ihr Trainer sagt sie seien nicht mehr so „beratungsresistent“. Wie meint er das?
Ich nehme Kritik besser an, aber immer noch nicht leicht. Außerdem muss man unterscheiden, von wem Kritik kommt. Es gibt Kritik von Leuten, die keine Ahnung haben und Kritik vom Trainer, für die du offen sein musst. Leute, die sich für den Klub zerreißen, dürfen mich stets kritisieren. Man muss auf die Leute hören, die einem Gutes wollen.
Fühlen Sie sich ungerecht behandelt?
Nein, aber man muss die Relation sehen. Ich mache zwei Tore im ersten Spiel und werde kritisiert, warum ich nicht vier Buden gemacht habe. Ein Mario Gomez bei Bayern verballert auch Dinger und wird nicht so hart kritisiert, ist trotzdem der beste deutsche Stürmer. In Haching wird immer alles zu schnell schlecht gemacht.
Ihr Vertrag in Haching läuft aus. Kritiker sagten vor der Saison, es ist Ihre letzte Chance im Profifußball.
Für einen Fußballer ist jedes Spiel, jedes Training eine neue Chance, es dem Trainer zu zeigen. Es kann schnell vorbei sein. Man sieht das gerade bei Robert Lechleiter, der nach seinem Kreuzbandriss einen Verein finden muss. Ich habe noch keine konkreten Pläne, aber ich mache mir schon Gedanken für die Zeit nach der Karriere. Da spreche ich auch mit meiner Freundin drüber.
Ist sie auch Fußballfan?
Nein. Sarah studiert BWL und es ist gut, dass sie kein Fußballfan ist. Sie fragt nur, wie es lief und freut sich natürlich über meine Tore.Ins Stadion geht sie auch selten. Sie drückt von zu Hause die Daumen.
Wie ehrgeizig sind Sie? Haben Sie den Ansporn 2. Liga?
Natürlich! Haching passt alles. Ich wohne in Rosenheim und so ist es das Beste für mich. Wenn ich über den Irschenberg fahre, kann ich abschalten. Das ist meine Heimat. Da hab’ ich keine Sorgen.
Interview: Reinhard Franke
- Themen:
- Mario Gómez