„Hurensohn“: Frankreichs EM-Malheur endet mit Eklat

Mit einer schwachen Leistung und weiteren Negativ-Schlagzeilen verabschiedete sich Frankreich von der EURO. Was bleibt, sind viele Fragen.
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Mit einer schwachen Leistung und weiteren Negativ-Schlagzeilen verabschiedete sich Frankreich von der EURO. Was nach dem Viertelfinal-Aus gegen Spanien bleibt, sind viele Fragen.

Donezk - Frankreichs Grand Malheur folgte der fast schon obligatorische Eklat. Samir Nasri rastete aus und setzte mit üblen Beleidigungen den Schlusspunkt hinter den unrühmlichen EM-Auftritt einer Equipe Tricolore, die wieder einmal keine Mannschaft gewesen war. „F... dich und deine Mutter, du Hurensohn“, beschimpfte der Mittelfeldspieler in der Donbass Arena von Donezk einen Journalisten der französischen Nachrichtenagentur AFP.

Weitere Sätze aus der Gossensprache folgten. Dann bot Nasri dem Reporter Prügel an. Außerdem wetterte er gegen die Pressevertreter, diese würden ohnehin „immer nur Scheiße“ schreiben. Der Auftritt nach dem 0:2 (0:1) im Viertelfinale gegen Spanien passte perfekt ins Bild, das die „Blauen“ bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine abgegeben haben. Vier Spiele, nur ein Sieg, aber reichlich Negativschlagzeilen – vor allem abseits des Platzes.

„Das ist alles sehr enttäuschend für den Trainer, die Spieler und den gesamten Betreuerstab. Wir werden das Turnier in den kommenden Tagen analysieren. Und dann werden wir weitersehen“, sagte Nationaltrainer Laurent Blanc. Es gibt sicherlich viel zu analysieren. Der Kampf um die Rückkehr zu alter Stärke und vor allem zu altem Ansehen mit einer neuformierten jungen Mannschaft misslang, Nasri hatte im Auftaktspiel nach seinem Ausgleich gegen England (1:1) schon mit eindeutigen Gesten und dem Satz „Halt's Maul“ seine Privatfehde mit der großen Sportzeitung L'Equipe weltweit dokumentiert.

Nach der Begegnung gegen Spanien war Nasri, offenbar stinksauer über seinen Rauswurf aus der Startelf, von dem AFP-Redakteur nach der Beurteilung des Spiels gefragt worden. Der Profi von Englands Meister Manchester City verweigerte die Antwort und keilte stattdessen aus. Nach dem Ausflug in die Gossensprache endete sein Rundumschlag mit den Worten: 'Jetzt kannst Du sagen, dass ich schlecht erzogen wurde!" Schon der Kabinen-Zoff und die öffentlichen Abreisegedanken von Hatem Ben Arfa nach dem letzten Gruppenspiel gegen Schweden (0:2) hatten in der Grande Nation erhebliche Unruhe ausgelöst.

Viele Fans befürchteten sofort ein zweites „Südafrika“: Bei der WM 2010 hatten Les Bleus nach der Palast-Revolution gegen Trainer Raymond Domenech einen schweren Imageschaden erlitten. Diesmal ist es nicht viel besser. „Wenn das wahr ist“, sagte Blanc über den Ausraster von Nasri, „ist das respektlos. Es ist sehr bedauerlich für sein Image und das der Nationalmannschaft.“ Blanc, dessen Zukunft in den Sternen steht, versuchte in seiner EM-Interessengemeinschaft, einer Ansammlung von Egoisten mit unbestritten großem Talent, zu retten, was zu retten ist. Der Ex-Nationalspieler hoffte sportlich auf den Effekt des reinigenden Gewitters und wurde enttäuscht.

Was die Mannschaft gegen Spanien ablieferte, war eines Viertelfinals nicht würdig. Die Fans im Stadion und viele Millionen an den Fernsehern sahen die langweiligsten 90 Minuten bei einer EM seit langer Zeit. Das lag nicht am Titelverteidiger Spanien, der seine Philosophie von Ballbesitz und höchster Kontrolle unbeirrt von der ersten bis zur letzten Minute umsetzte, sondern am mangelnden Widerstand des Weltmeisters von 1998. Einen Schuss, bezeichnenderweise ein Freistoß von Yohan Cabaye, musste Spaniens Keeper Iker Casillas abwehren. Das war's.

Es war erschütternd, wie wehrlos sich Blancs Auswahl von technisch versierten Spielern aus europäischen Spitzenklubs ihrem Schicksal ergab. Die Vorschusslorbeeren nach einer beeindruckenden Serie von 23 Spielen ohne Niederlage, beendet von den Schweden, hat sie nie bestätigt. „Gegen Spanien hat man nur 35 Prozent Ballbesitz und muss diese Zeit nutzen“, sagte Blanc. Frankreich nutzte sie nicht ansatzweise. Selbst die bescheidenen Versuche des Münchners Franck Ribery verpufften weitgehend spätestens am Strafraum.

Von Torjäger Karim Benzema von Real Madrid war erneut nichts zu sehen. Ribery schlurfte nach dem EM-Aus kopfschüttelnd als letzter Spieler vom Platz – auf Socken, die Fußball-Schuhe in der Hand, weil eine Blase am Fuß schmerzte. Auf seiner Schulter lag das schweißnasse Trikot von Spaniens Andres Iniesta. Es war seine einzige Trophäe am Ende einer frustrierenden Saison.

 

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