Hrubesch: Der finale Notnagel
Trainer Horst Hrubesch, der 2008 die U19 zum Titel bei der Europameisterschaft führte und nur Platzhalter für Rainer Adrion ist, will mit der U21 am Montag das Endspiel gegen England gewinnen.
MALMÖ Horst Hrubesch weiß genau, wann Schluss ist. „Es war nicht schwer, die Jungs zu bändigen“, sagte der Trainer der U21-Nationalmannschaft nach dem 1:0 gegen Italien am Freitag im Halbfinale der Europameisterschaft in Schweden. „Ich habe mit den Jungs nach dem Spiel noch gemütlich ein Bierchen getrunken, aber um zwei war der Letzte im Bett.“
Mit einer Mischung aus Lockerheit und dem Einfordern von großer taktischer Disziplin hat Hrubesch seine jungen Stars in Schweden ins erste Endspiel seit 27 Jahren geführt. Am Montag geht es im Finale in Malmö gegen England (20.45 Uhr, ZDF live).
„Platz zwei ist gut und schön, aber wir müssen unter allen Umständen dieses Finale gewinnen wollen“, sagte DFB-Sportdirektor Matthias Sammer, der die junge Mannschaft, bei der auch der Löwe Fabian Johnson im Halbfinale überzeugen konnte, das ganze Turnier über begleitet hat. Und Sammer war es auch, der die Idee mit Hrubesch hatte. Denn das einstige Kopfballungeheuer des HSV ist nur durch Zufall zu dem Job gekommen. Hrubesch ist beim DFB eigentlich für die U20, bei der auch die Löwen Lars Bender und Florian Jungwirth spielen, zuständig. Doch als sich der DFB nach der geschafften Qualifikation von Trainer Dieter Eilts trennte, sprang Hrubesch als Notnagel ein. „Horst ist ein ausgezeichneter Ausbilder und kennt die Jungs“, sagte Sammer damals. In Schweden saß Hrubeschs Nachfolger schon auf der Tribüne: Nach dem Finale übernimmt Rainer Adrion, bis Ende Mai Trainer der U23-Mannschaft des VfB Stuttgart. In Schweden machte er für Hrubesch bereits die Videoanalysen der Gegner.
"Wir haben die Siegermentalität verinnerlicht"
Hrubesch hat sich beim DFB in den letzten Jahren zur Allzweckwaffe entwickelt. Kurz vor der EM 2000 wurde er zum Assistenten des damaligen Bundestrainers Erich Ribbeck. Der wurde nach dem Vorrunden–Aus geschasst, und Hrubesch wurde Nachwuchstrainer.
Letztes Jahr führte der mittlerweile 58-jährige Ex-Stürmer aus dem Ruhrpott die U19 zum EM-Titel in Tschechien und beendete eine 16 Jahre lange Durststrecke. Am Montag soll er, nachdem die U17 im April auch schon Europameister wurde, den Titel-Hattrick schaffen. Seinen eigenen Anteil am Erfolg redet er dabei klein: „Die Arbeit macht mir einen Riesenspaß. Aber ich schieße keine Tore und verhindere keine. Ich kann nur anleiten.“ Das aber ziemlich gut. „Wir haben die Siegermentalität verinnerlicht. Wir wollen Gewinner sein, das ist uns eingeimpft“, sagt Andreas Beck, der im Halbfinale gegen Italiene den Siegtreffer erzielte.
„Fußball macht doch nur Spaß, wenn du gewinnst. Und deshalb wollen wir diesen Titel. Du bereitest dich zweieinhalb Jahre vor, gehst durch die Qualifikation, entbehrst vieles, dann willst du auch mit vollen Händen nach Hause kommen“, sagt Hrubesch, der auch im Alter nicht gerade zum Vielredner geworden ist. Einst als Spieler wurde er bekannt mit dem einfachen Dreisatz: „Manni Flanke, ich Kopf, Tor.“ Und auch heute beschäftigt er sich in seiner Freizeit mit Fischen und Pferden. Ein Buch über das Dorschangeln hat er bereits als Spieler verfasst, eines über Edelbluthaflingern ist in Arbeit.
Nach dem Finale am Montag kann Hrubesch noch ein paar Seiten schreiben. Doch schon Ende August versammelt er seine Jungs wieder um sich. Bei der U20-WM in Ägypten will Hrubesch Weltmeister werden. fil