Högschder Respekt, Jogi! Löw bekommt seinen verdienten Abschied

Der frühere Bundestrainer Löw, der Deutschland 2014 in Rio den Weltmeister-Titel beschert hat, wird vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Liechtenstein geehrt. "Er hat den schönen Fußball repräsentiert".
von  Patrick Strasser
Joachim Löw war 15 Jahre lang Bundestrainer - am Donnerstag wird er offiziell verabschiedet.
Joachim Löw war 15 Jahre lang Bundestrainer - am Donnerstag wird er offiziell verabschiedet. © Federico Gambarini/dpa

Wolfsburg - Wenn ein Herzenskölner wie Lukas Podolski freiwillig den 11.11. in seiner Lieblingsstadt sausen lässt, der Karnevalsbeginn in Köln also ohne "Prinz Poldi" stattfindet, muss etwas Großes, ganz Besonderes anstehen.

So ist es. Die interne und die öffentliche Abschiedsfeier für Joachim Löw, den ehemaligen Bundestrainer, den Weltmeistercoach von 2014, im Kreise seiner Familie namens Nationalelf. Im Grunde wichtiger - und sowieso viel emotionaler - als das tabellarisch unbedeutende WM-Qualifikationsspiel gegen Underdog Liechtenstein (20.45 Uhr, RTL live).

Joachim Löw kam 2004 zum DFB

17 Jahre lang war Löw beim DFB, 15 Jahre davon als Cheftrainer. Ab 2004 hatte er für zwei Jahre dem Emotionsbeauftragten Jürgen Klinsmann beim Projekt Sommermärchen-WM assistiert. So die offizielle Jobbeschreibung - tatsächlich war Löw der Trainings- und Taktikbeauftragte, legte die immergleichen Hemden fürs Trainerteam raus und hatte die Hosen an. Einer mit 130 Länderspielen wie Podolski (36), aktuell beim polnischen Erstligisten Górnik Zabrze unter Vertrag, hat Löw eine Menge zu verdanken.

Mit Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm sowie Per Mertesacker, Sami Khedira und vielen anderen wird Podolski bei der Ehrung im Wolfsburger Stadion, das zur Erleichterung aller Verantwortlichen mit 26.000 Zuschauern ausverkauft ist und ausverkauft sein darf, für Löw Spalier stehen.

Kurz vor den Nationalhymnen darf sich der 61-Jährige auf Ovationen der Fans und ein Überraschungsgeschenk des DFB freuen. Abgesehen von der Abfindung von mehr als einer Million Euro, die er trotz seines Rücktritts als Bundestrainer bekommen haben soll. Durch seine Ankündigung vor der EM 2020, sich im Anschluss an das Turnier (im Sommer 2021 scheiterte die DFB-Elf im Achtelfinale mit 0:2 an England) zurückzuziehen, hatte er auf eine höhere Abfindung verzichtet.

Für seine Co-Trainer: Jogi Löw verzichtete auf höhere Abfindung

Was Löw wichtig war: Denn damit sollten seine Assistenten wie der frühere Bundestorwart-Trainer Andreas Köpke eine höhere Entlohnung erhalten. Neben Köpke werden in Wolfsburg auch Löws Ex-Assistent Thomas Schneider, Chefscout sowie Taktik-Einflüsterer Urs Siegenthaler und DFB-Arzt Sepp Schmitt für ihre Verdienste geehrt.

"Wir freuen uns, dass wir ihm einen gebührenden Abschied bereiten können. Es ist wichtig, dass wir ihm diesen Rahmen geben", betonte DFB-Direktor Oliver Bierhoff, der mit Löw 2004 beim DFB angeheuert hatte. Die internen Feierlichkeiten für Löw im DFB-Quartier, dem Ritz-Carlton Hotel in Wolfsburg, wurden von einem seiner Weltmeisterspieler organisiert, von Benedikt Höwedes (33), der das Teammanagement der Nationalmannschaft aktuell im Rahmen eines Trainee-Programms unterstützt.

Warum aber erst jetzt? Und - bei allem Respekt - in Wolfsburg gegen Liechtenstein? "Jogi selbst wollte sich zu Beginn des Neubeginns unter seinem Nachfolger Hansi Flick nicht in den Mittelpunkt stellen, sondern das neue Trainerteam erst einmal in Ruhe arbeiten lassen", erklärte Höwedes.

Für alle Gäste der Feier gilt übrigens die 2G-Regel (geimpft oder genesen) - heißt: Der ungeimpfte Joshua Kimmich hätte ohnehin nicht teilnehmen können. Nun kann er das Länderspiel nach dem positiven Corona-Fall von Bayern-Kollege Niklas Süle nur aus der häuslichen Quarantäne am Fernseher verfolgen.

Beckenbauer: Löw "hat den schönen Fußball repräsentiert"

Aber es soll ja um Löw und dessen Verdienste gehen. Franz Beckenbauer, Teamchef der Nationalelf von 1984 bis 1990, und Vorgänger als Weltmeistertrainer, lobte ihn im "RedaktionsNetzwerk Deutschland": "Der Jogi hat sehr viel erreicht. Er hat die Mannschaft wieder in frühere Höhen geführt und geht sicher als einer der erfolgreichsten Trainer in die Geschichte des DFB ein. Er hat den schönen Fußball repräsentiert: Forechecking und schnelles Spiel nach vorne - das war sein Stil. Damit hat er genau in diese Zeit gepasst." So klingt: Högschder Respekt.

Auch Thomas Müller, neben Kapitän Manuel Neuer der einzig verbliebene Weltmeister von 2014 im aktuellen Kader (Matthias Ginter kam damals in Brasilien nicht zum Einsatz) meinte: "Ich freue mich auf das Wiedersehen mit Jogi. Uns verbindet unabhängig von den sportlichen Ereignissen einiges. Das Zwischenmenschliche bleibt. Ich bin gespannt, ob Jogi weiter als Trainer arbeitet und hoffe, dass er etwas findet, dass ihn erfüllt."

Bisher hat Löw sämtliche Angebote von Klubs oder Verbänden abgelehnt, pausiert ein Jahr. Offen, ob er wirklich noch eine Herausforderung annimmt oder in seiner geliebten Heimat Freiburg in Trainer-Rente geht.

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