Hannover: Ende der Trauerzeit!
Weil er nach Enkes Tod zu nachsichtig war, steht Trainer Bergmann in Hannover unter Druck
HANNOVER Ganz Deutschland hatte mit Hannover 96 geweint. Die Trauer um Robert Enke, den Kapitän und Nationaltürhüter, der sich im November das Leben genommen hatte, überlagerte alles. Auch die ersten Pleiten des Teams kurz nach Trauerfeier und Beerdigung. Trainer Andreas Bergmann, der sich von jeher gegen ein Softie-Image („Ich bin kein Spaß-Onkel“) wehren musste, gab sich einfühlsam und rücksichtsvoll.
Nun gegen Ende der Winterpause – 96 hat seit dem Tod Enkes kein Spiel gewonnen und ist Abstiegskandidat – haben Hannovers Bosse genug von Rücksicht und Trauerarbeit. Sie machen Bergmann Druck. Allen voran Sportdirektor Jörg Schmadtke. Nach der 1:2-Testspielpleite am Dienstag beim Zweitligisten Union Berlin erlitt Schmadtke einen Wutanfall. „Das hat kein Niveau. Das ist Betriebssport. Das geht so nicht“, brüllte er in der Kabine – derart laut, dass die dünnen Wände den Schall nicht dämpfen konnten und jedes Wort nach außen drang.
Kumpel Bergmann muss härter werden
Ein Vorgang, der Vereinschef Martin Kind, dem millionenschweren Hörgeratefabrikanten, gut zupass kam. „Der Mannschaft ist die Situation noch immer nicht ganz bewusst. Deshalb begrüße ich es, dass dann auch mal Hochdeutsch geredet wird“, meinte Kind. An die Adresse von Bergmann gerichtet hatte der Boss nun am Donnerstag gleich noch einen Tipp parat. „Bergmann muss härter arbeiten und stärker handeln. Und er muss sich in die Linie von Schmadtke hinein entwickeln.“ Auf Hochdeutsch: Der Kumpel Bergmann muss härter werden! Kinds Worte vor dem letzten Vorbereitungsspiel am Samstag bei Zweitligist Arminia Bielefeld klingen fast so, als wäre die Partie bereits das Endspiel um den Klassenerhalt: „Dieser Test muss unbedingt gewonnen und das richtige Signal gesetzt werden.“ Sogar kurzfristige Wintertransfers will Kind nicht ausschließen. Es sei trotz maroder Finanzlage immer noch „billiger, den Klassenerhalt zu sichern, als den Abstieg zu akzeptieren“.
Bergmann selbst hatte zuletzt in der „Süddeutschen Zeitung“ zugegeben, dass er nach Enkes Freitod nachsichtiger als sonst gewesen sei. „Natürlich ist man dann als Trainer sensibler. Wie hart kann man sie rannehmen, wenn doch immer wieder Emotionen freigesetzt werden? Man hat da doch das eine oder andere zugelassen“, sagte der 50-Jährige. Nun jedoch will – und muss – er durchgreifen. „Dieses Straffere, was ich angekündigt habe, ist jetzt auch eine Hilfe für die Mannschaft. Es heißt aber nicht: Der holt jetzt den Hammer raus.“
Dabei ist es doch genau das, was Schmadtke und Kind erwarten. Doch der stets umgängliche Bergmann, für den Hannover 96 die erste Station in der Bundesliga ist, lässt sich offenbar nicht so leicht umpolen. „Einige Fachleute sagen, dass die Spieler noch traumatisiert sind. Ich kann das nicht beurteilen, keiner weiß das genau“, erklärte er nun. Und dann sagte der frühere St.Pauli-Coach noch: „Ich muss sagen: Die Mannschaft hat es in der schwierigen Situation lange Zeit klasse gemacht.“ Und verloren. jos