Hallo NADA, bin im Stanglwirt
Die Nationalspieler, allen voran DFB-Kapitän Michael Ballack sind sauer, weil sie künftig 90 Tage im Voraus angeben müssen, wo sie sich aufhalten
DÜSSELDORF Es ist Arbeit, richtig lästige Arbeit. Unangenehm wie seine Steuerbescheide zusammenzutragen, etwa so beliebt. Leider aber unerlässlich. Für die Nationalspieler bedeutet das: Laptop an, Daten eintragen, abschicken. In eigener Sache. Sonst droht Ärger.
Der Hintergrund: Weil am 1. Januar 2009 eine neue Regelung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) in Kraft getreten ist, müssen die Spieler des A-Teams eines Verbandes ihren voraussichtlichen Aufenthaltsort jeweils für das kommende Vierteljahr, konkret für 90 Tage, angeben – und gegebenenfalls kurzfristig via Internet korrigieren. „Diese Daten müssen die Spieler im Internet laufend ergänzen“, erklärte am Montag in Düsseldorf DFB-Mannschaftsarzt Professor Tim Meyer.
Daher stand zwei Tage vor dem ersten Länderspiel des Jahres am Mittwoch gegen Norwegen in der LTU-Arena (20.30 Uhr/ARD) kein Mannschaftstraining auf dem Programm, sondern eine Schulstunde. Nachhilfe in Sachen neuer Bestimmungen. Eine Vertreterin der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) informierte die Nationalspieler über die Praxis des neues Meldesystems. Meyer: „Gerade am Anfang ist es wichtig, den Spielern zu erklären, wie sie damit umgehen müssen.“
Doch das technische Know-how dürfte nicht das Problem dieser Spielergeneration sein, eher die Frage nach dem Warum. Im Auftrag des DFB hat die NADA im vergangenen Jahr 498 unangemeldete Trainingskontrollen durchgeführt, plus 1388 Wettkampfkontrollen.
„Der Zweck, Doping zu bekämpfen, ist absolut positiv“, sagte Kapitän Michael Ballack, „die Techniken und das System sollen auch stets verfeinert werden.“ Dennoch behagt es den Spielern nicht, einen solchen Aufwand zu betreiben und stets genaue Angaben über ihren voraussichtlichen Aufenthaltsort machen zu müssen. Ballack, der sich als Spieler des FC Chelsea in der englischen Premier League bereits einem ähnlichen System unterwerfen muss, beklagte sich: „Bei uns Athleten stößt das auf Unverständnis. Da wird teilweise massiv ins Privatleben eingegriffen.“
Auch DFB-Internist Meyer sprach von „einer schönen Zumutung“ an die Spieler, wenngleich er einschränkte: „Die Spieler unterliegen nicht der Pflicht, innerhalb einer Stunde erreichbar zu sein." Dies ist der Fall bei Sportlern des Gefährdungsgrades eins, etwa Leichtathleten oder Radsportler. Diese Sportler müssen für jeden Tag für mindestens eine Stunde präzise mitteilen, wo sie sich für einen eventuellen Doping-Test aufhalten. Fußball-Nationalspieler gehören der zweiten Kategorie an, Bundesliga-Kicker der dritten, in der nur die Mitteilung des Aufenthaltsortes der Mannschaft („Team-Whereabouts“) vorgeschrieben ist.
Künftig müssen Ballack & Co. an Trainingstagen beim ihrem Klub ihren Wohnort und bei einem Auswärtsspiel des Vereins die Adresse des Mannschaftshotels angeben – und ständig aktualisieren. Der gläserne Profi – auch an freien Tagen ist er somit nicht mehr so ganz frei. Reist Ballack etwa in den Stanglwirt nach Kitzbühel, muss er das melden. Hallo NADA, bin im Stanglwirt.
Bleibt zu hoffen, dass es überall W-Lan gibt.
ps