Gesucht: Frau Beckenbauer - Fußball-Frauen im Wandel

Die deutschen Fußball-Frauen im Wandel: Zwei Jahre vor der Heim-WM gibt es trotz der Erfolge noch viele Probleme. Dem Frauenfußball fehlt eine Lichtgestalt a la Franz Beckenbauer - Eine Frau Beckenbauer.
von  Abendzeitung
Deutschland gegen Norwegen am Montag (07.09.2009) im Helsinki Football Stadium.
Deutschland gegen Norwegen am Montag (07.09.2009) im Helsinki Football Stadium. © dpa

Die deutschen Fußball-Frauen im Wandel: Zwei Jahre vor der Heim-WM gibt es trotz der Erfolge noch viele Probleme. Dem Frauenfußball fehlt eine Lichtgestalt à la Franz Beckenbauer - Eine Frau Beckenbauer.

Für Historiker war die Wende 1989. In Osnabrück. Bei der EM, als die deutschen Frauen erstmals den Titel holten und 22000 Fans den 4:1-Finalsieg gegen Norwegen bejubelten. In vielen Fachbüchern steht nun gerne, dass dieses Ereignis für den Durchbruch des Frauenfußballs in Deutschland gesorgt habe. Eine Mauer an Ressentiments, die durchbrochen wurde. Eine Mauer, die aber auch jetzt noch steht, 20 Jahre nach 1989.

Natürlich hat sich viel verändert im Frauenfußball, was sich schon daran zeigt, dass es damals ein Tafel- und Kaffeeservice als Siegprämie gab, während die Nationalspielerinnen bei einem Finalsieg am heutigen Donnerstag gegen England (18 Uhr, ZDF und Eurosport live) je 12000 Euro kassieren.

Geld, das der Deutsche Fußballbund aber aus der Portokasse zahlt, angesichts der 300000 Euro, die den Männern versprochen waren, bei einem WM-Triumph 2006. Nur, dass die ausgelobte Prämie auch da wieder einmal auf dem Verbandskonto blieb, wie fast immer seit der WM 1990, mit Ausnahme der EM 1996. Die Frauen räumten unterdessen Titel um Titel ab. Seit 1989 zweimal Weltmeister, sechsmal Europameister.

Es gibt eben große Unterschiede zwischen Fußballfrauen und Fußballmännern. Freilich sind die Zeiten der Ausgrenzung und der Diskriminierung vorbei. Als Frauenfußball verboten war, als DFB-Präsident Peco Bauwens 1955 darüber sagte: „Da verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden. Das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“ Und als der Weltverband Fifa 1970 eine Umfrage durchführte, schrieb ein asiatischer Verband nur kurz zurück: „Gott schütze uns vor dem Frauenfußball.“ Ein Gebet, das nicht erhört wurde.

Doch trotz aller Fortschritte und Triumphe, kaum ein anderen Frauensport eignet sich so gut für Vorurteile und Kritik. Denn in keiner anderen Sportart wird das Gefälle zwischen Männern und Frauen so sichtbar. Nicht in der Leichathletik, nicht beim Skifahren, nicht beim Tennis, nirgendwo.

So strotzten auch bei dieser EM die Spiele ohne deutsche Beteiligung von einer entsetzlich hohen Fehlerquote und vor allem einer enormen Langsamkeit im Vergleich zu den Männern, weil den Frauen hier Athletik und Antritt fehlten.

Und das sollte gerade im Hinblick auf die Vermarktung der Heim-WM 2011 zu denken geben, denn sonst könnte es sein, dass die Spiele, wie jetzt in Finnland, vor zehntausenden leeren Sitze und einer Handvoll Zuschauer stattfinden, wie auch der Münchner Marketingexperte Peter Ehm meint. „Es ist die große Gefahr für die WM in Deutschland, dass das Produkt übersendet wird“, sagt Ehm. „Wenn man pausenlos qualitativ schlechte Spiele von Frauen sieht, die über den Ball stolpern, dann macht man das kaputt. Man darf es nicht unentwegt hochjubeln. Man muss das realistisch einordnen.“ Am besten als ganz eigene Sportart.

Mit einer eigenen Stadion-Atmosphäre, ohne martialische Einlaufmusik wie bei den Männern, eher kleiner, beschaulicher, gemütlicher. „Ein Frauenfußballspiel könnte doch ein schöner Familienausflug sein“, sagt Ehm, „ohne grölende und volltrunkene Fans, dafür mit Zuckerwatte, Cola und Popcorn. Es muss sich abheben vom Männer-Fußball. Und für Image und Außendarstellung bräuchte es noch einen Superstar. Eine Frau Beckenbauer.“

Dabei hat Deutschland ja eine Frau Prinz. Aber die taugt eben nicht zur Lichtgestalt. Dabei ist Birgit Prinz sportlich ein Superstar. Dreimal Weltfußballerin des Jahres, Rekordnationalspielerin, WM-Rekordtorschützin, Weltmeisterin und vieles mehr. Nur außerhalb des Rasens, da ist die 31-Jährige eben immer recht hölzern, spröde und reizbar.

Die EM in Finnland hat nun aber gezeigt, dass die Prinz-Ära allmählich vorbei ist. Neue, junge Spielerinnen rücken nach. Eine Fatmire Bajramaj etwa, das 21-jährige Flüchtlingskind aus dem Kosovo, oder die in Bonn geborene Celia Okoyino da Mbabi, Tochter eines Kameruners und einer Französin. Sie verkörpern das neue Bild lustiger und lebensfroher Spielerinnen. Sie sind keine Fußballerinnen mehr, die das Gefühl vermitteln, sie wollten so aussehen wie Männer.

Auch die Werbepartner haben die neue Weiblichkeit entdeckt. Für die neueste Kampagne des DFB-Autosponsors etwa stylten sich die Nationalspielerinnen, allen voran die jungen Wilden, ordentlich her und posierten vor den Fahrzeugen.

Ohne übertrieben billige Anzüglichkeit mit zu wenig Textil und sich räkelnder Kühlerhaubenoptik, aber auch nicht zu blass und farblos, sondern einfach heiter und fröhlich. Die beste Werbung. Für ihren Fußball.

Florian Kinast

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