Gábor Király über Ungarn gegen Deutschland: "Dieses Spiel ist immer ein kleines Fest für mich"
AZ-Interview mit Gábor Király: Der 46-Jährige ist Ungarns Rekordnationalspieler und spielte in Deutschland für Hertha BSC, Bayer Leverkusen und den TSV 1860.
AZ: Herr Király, am Samstag empfängt Ungarn am dritten Spieltag der Nations League die DFB-Elf. Gehen wir recht in der Annahme, dass dieses Duell für den ungarischen Rekordtorhüter und langjährigen Löwen-Keeper ein besonderes Duell ist?
GÁBOR KIRÁLY: Auf jeden Fall. Wenn Ungarn gegen Deutschland spielt, ist es für mich immer wie ein kleines Fest. Als Nationaltorhüter durfte ich selbst auf dem Feld stehen und habe im Stadion immer viele Bekannte getroffen. Wenn ich zurückdenke, war es für mich das Größte, mich mit einem Weltfußballer wie Lothar Matthäus messen zu dürfen. Er war ja auch eine Zeit lang unser Nationaltrainer (2003-05, d. Red.).

Király: "Die Deutschen haben mehr Druck als wir"
Aktuell trifft der Gruppenzweite Ungarn (vier Punkte) auf den Dritten (zwei).
Das ist eine Momentaufnahme, es bedeutet noch nicht viel. Das Duell wird für uns wieder eine sehr hohe Messlatte, für Deutschland vielleicht nicht so. Aber wir haben England geschlagen, durch eine gute Leistung. Gegen Italien nur knapp 1:2 verloren. Es ist noch alles drin - und die Deutschen haben mehr Druck als wir. (lacht)
Das war schon beim letzten Duell der Fall, als Ihr Land die DFB-Stars bei der EM am Rande einer Niederlage hatte.
Da hat Ungarn mit dem 2:2 eine schöne Überraschung geschafft, sogar zwei Mal geführt. Schade, dass es nicht zum Sieg gereicht hat. Aber Deutschland musste beim letzten Mal schon ganz schön zittern.
Wie wichtig war diese EM für das Selbstverständnis im ungarischen Fußball, auch gegen die vermeintliche Großen mithalten zu können?
Sehr wichtig. Wir haben eine gute Mannschaft, die sich nicht verstecken muss. Wir haben mit Peter Gulacsi, Willi Orban, Dominik Szoboszlai, Roland Sallai, auch Adam Szalai, der schon in Deutschland gespielt hat, viele Legionäre. Wir freuen uns sehr, uns mit den Besten Europas messen zu dürfen.
Király: "Ungarn ist sicher erstmal nicht der Favorit"
Wie weit ist Ungarn von den Top-Nationen entfernt?
Egal, mit wem wir in einer Gruppe sind: Ungarn ist sicher erstmal nicht der Favorit. Das wird immer Deutschland, England oder Italien sein. Aber das waren die Italiener gegen Nordmazedonien auch - und wir haben trotzdem eine Überraschung gesehen. Wir wissen, dass im Fußball alles passieren kann. In den Top-Ligen laufen Spieler aus allen Nationalitäten auf, eine bunte Mischung. Es ist wichtig, gegen gute Gegner antreten zu können, nur so kannst du dich entwickeln.
Im Fußball werden immer wieder politische Statements gesetzt: DFB-Spieler Leon Goretzka bejubelte seinen Treffer gegen Ungarn, indem er vor den ungarischen Fans ein Herz mit seinen Händen formte Was sagen Sie dazu?
Dazu möchte ich mich nicht äußern. Ich kann nur sagen: Ich lebe in Ungarn und habe jahrelang in Deutschland Fußball gespielt, ich liebe beide Länder.
Deutschland "einer der Favoriten auf dem WM-Titel"
Am vergangenen Samstag in der Ferenc-Puskás-Arena in Budapest beantworteten ungarische Fans den Kniefall als Zeichen gegen Rassismus der Engländer mit Pfiffen.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich nur über Sport äußern möchte. Ich hoffe, dass wir am Samstag ein schönes Spiel und ein faires Miteinander erleben.
Okay. In Fußball-Deutschland wird wie so oft darüber diskutiert, ob die Mannschaft einen Stoßstürmer braucht.
Sie können ja Carsten Jancker reaktivieren, mit dem habe ich mir früher oft harte, krachende Zweikämpfe geliefert (lacht). Ich bin froh, dass wir einen Sturmtank wie Szalai in unseren Reihen haben. Es kann nicht jedes Team einen Stürmer haben wie aktuell Polen mit Robert Lewandowski. Aber ich finde, Deutschland hat gute Stürmer. Wenn die Spieler alles für ihr Land geben und nicht zu bequem sind, sind sie für mich einer der Favoriten auf dem WM-Titel.