Fußballer? Da wäre mir der Druck zu groß!

Seit dieser Woche läuft „Der ganz große Traum” im Kino. Hier spricht Hauptdarsteller Daniel Brühl über seine Kickkünste und erklärt, warum er Real Madrid noch weniger mag als den FC Bayern.
von  Maximilian von Harsdorf

AZ: In dem Film „Der ganz große Traum” spielen Sie den fußballbegeisterten Lehrer Konrad Koch, der Ende des 19. Jahrhunderts lebte. In einer Szene muss der in einem Raum einen Fußball jonglieren. Wie lange hat es gedauert, bis das im Kasten war?

DANIEL BRÜHL: Ich bin zwar kein Brasilianer, habe aber normalerweise ein relativ gutes Ballgefühl und kann einen Fußball recht lange jonglieren. Selbst den auf alt gemachten, komischen Lederball, den wir beim Dreh hatten. Aber das war der klassische Vorführeffekt: Kaum stand ich in dem engen Raum mit einem Kameramann im Weg, da hat es nicht so gut funktioniert.

Also wurde bei der Szene am Computer nachgeholfen?

Nein, nein! Wenn ich schon einen Fußballlehrer spiele, dann muss ich das hinkriegen. Da hat mich dann der Ehrgeiz gepackt. Ich wollte noch eine Klappe und noch eine und noch eine... Der Zuschauer soll merken, dass ich das echt mache und nicht denken, dass ich nicht einmal einen Ball dreimal hochhalten könne. Das war mir wichtig.

Wenn Sie gerade nicht vor der Kamera stehen, schauen Sie ja auch gerne mal den Profis beim Kicken zu...

Ja, ich bin ein großer Fußballfan und auch heute noch immer wieder im Stadion. Meine Mutter ist Spanierin, ich habe meine ersten Lebensjahre in Barcelona verbracht. Und auch wenn ich recht bald nach Köln gezogen bin, habe ich in den Ferien in Spanien immer eingeimpft bekommen, wie toll der FC Barcelona ist. Ich bin dann als Kind mal dort ins Stadion, das Camp Nou, gegangen und das hat mich total umgeblasen. Ich weiß noch: Besonders gerne mochte ich den Torwart Zubizarreta. Und Bernd Schuster – zumindest, bis er zu Real Madrid gewechselt ist. Dann war es vorbei mit der Sympathie.

Und der 1. FC Köln hat Sie nach Ihrem Umzug ins Rheinland nicht begeistert?

Oh doch – und das bis heute. Damals hat Köln ja sogar noch um die Meisterschaft gespielt, man konnte richtig stolz darauf sein, Köln-Fan zu sein. Heute herrscht in Köln eher so eine tolle Loser-Mentalität. Wenn wir verlieren, dann trinken wir Kölsch zusammen und sagen uns: Morgen wird es wieder besser. Ja, in Köln kann man gut zusammen verlieren. Trotzdem tut es gut, den FC Barcelona als Ausgleich zu haben, damit man sich auch mal wieder ans Gewinnen gewöhnt.

Und was halten Sie vom FC Bayern?

Ach, ich habe nichts gegen die...

Bitte ehrlich bleiben.

Ja, also mögen tue ich die nicht. Aber Real Madrid ist für mich das viel bessere Feindbild. Da laufen so viele Gurken herum, die ich nicht leiden kann. Der Trainer, Jose Mourinho, oder Cristiano Ronaldo, die gehen mir richtig auf den Senkel. Mein Aggressions-Potential konzentriert sich von daher so auf Real, da ist Bayern schon wieder beinahe sympathisch dagegen. Und auch wenn mir im Zweifelsfall Dortmund oder Bremen deutlich lieber sind, muss man honorieren, was der Verein international leistet. Ich bin schon froh, wenn es auf Europas Bühne nicht immer nur Engländer und Spanier untereinander ausmachen.

Am Rande des Länderspiels der Deutschen gegen Italien haben Sie ja auch einige Nationalspieler getroffen.

Ja, das war für mich der absolute Knaller. Ich war wahnsinnig aufgeregt. Ab und zu komme ich ja auch dazu, Rockstars oder richtig großen Schauspielern die Hand zu schütteln. Aber bei Fußballern bin ich immer besonders nervös, total absurd. Da fühle ich mich immer noch wie ein Sechsjähriger vor der Sportschau.

Wie stehen Sie, ebenfalls eine Person öffentlichen Interesses, denn zu dem medialen Druck, unter dem Fußballer stehen?

Das ist durchaus vergleichbar. Ich selber rede ja schon viel Unsinn, wenn es zu einem Thema eigentlich nicht viel zu sagen gibt. Und bei Fußballern ist das ähnlich. Die muss man doch auch nicht ständig irgendeinen Kram fragen, zu ihrem Spiel oder ihren Frauen. Überhaupt Spielerfrauen: Unglaublich, wie wichtig die mittlerweile geworden sind.

Ein unnötiger Trend?

Ja. Auch, dass Fußballer heute immer als Dressmen in Armani-Anzügen herum laufen müssen und nicht wie früher auch mal im Trainingsanzug. In Spanien nervt einen Cristiano Ronaldo beispielsweise in jeder zweiten Werbung – ob Uhr, Unterwäsche oder Auto. Das Image vom Fußballproll war mir sympathischer.

Würden Sie tauschen wollen: Schauspieler gegen Fußballer?

Nein, der Druck im Leistungssport wäre mir zu groß. Dafür wäre ich nicht eiskalt genug. Als Schauspieler musst du zwar auch manchmal auf den Punkt funktionieren. Aber jede Woche vor 50000 Leuten aufzulaufen, damit käme ich nicht klar.

Sagt jemand, dessen Filme Millionen sehen. Vor 50000 Leuten Theater spielen, könnten Sie also auch nicht?

Das habe ich mir auch gerade überlegt. Aber im Theater kann ich einen Satz überspringen, ohne dass es jemand merkt. Ich kann mir vom Souffleur einen Satz einsagen lassen. Aber in einem entscheidenden Spiel einen Elfmeter zu versemmeln, davon würde ich mich nie erholen.

Der Job als Fußballprofi würde Sie also ganz und gar nicht reizen?

Oh doch. Für einen Rockmusiker muss es ein unbeschreibliches Gefühl sein, wenn bei einem Konzert die Masse zu seinem Song mitgeht. Für einen Fußballer das Tor im Finale der Champions League zu schießen, das muss der helle Wahnsinn sein! In beiden Fällen empfinde ich unglaublichen Neid. Mein Problem als Fußballer wäre nur: Ich würde höchstwahrscheinlich daneben schießen.

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