Frankreichs Lloris setzt auf Enthusiasmus der Fans
Vor dem EM-Halbfinale gegen Deutschland zeigt Gastgeber Frankreich großen Respekt, setzt aber auf die Unterstützung der Anhänger - und auf die eigene Stärke. Nationaltrainer Deschamps: "Wir haben unsere Möglichkeiten."
Marseille - Frankreichs Nationalmannschaftskapitän Hugo Lloris sieht die Équipe tricolore im EM-Halbfinale gegen die deutschen Weltmeister auf Augenhöhe.
"Ich weiß nicht, ob Deutschland wirklich besser ist. Natürlich hat Deutschland einen gewissen Status, aber es ist unklar, wer der Favorit ist. Wir wollen eine große Leistung bringen", sagte der Torwart vor dem Duell mit der DFB-Elf am Donnerstag (21 Uhr/ZDF und im AZ-Liveticker) in Marseille.
Das verlorene WM-Viertelfinale gegen Deutschland vor zwei Jahren in Brasilien (0:1) spielt in den Köpfen der französischen Profis keine Rolle mehr. "Damals gehört zur Vergangenheit, das war ein ganz anderes Turnier. Wir wollen dieses Spiel zu Hause gewinnen und ins Finale kommen. Wir freuen uns auf einen tollen Abend", sagte der 29 Jahre alte Lloris.
Dabei soll der Heimvorteil den Franzosen im Stade Velodrome an der Mittelmeerküste einen großen Vorteil bescheren. "Wir spielen in Frankreich und fühlen den Enthusiasmus der Fans. Es gibt eine tolle Atmosphäre und ich hoffe, dass uns das sehr pushen wird", sagte der Keeper vom Premier-League-Klub Tottenham Hotspur: "Die Fans werden uns helfen, die letzten Prozente herauszuholen."
Deschamps: "Wir wollen unser Spiel durchziehen"
Didier Deschamps will die französische Nationalmannschaft nicht nur nach Gegner Deutschland ausrichten. "Trotz allem Respekt, den wir vor dem Weltmeister haben, wollen wir unser Spiel durchziehen", betonte er am Mittwoch.
Deschamps machte deutlich, dass er auch auf die eigene Offensiv-Kraft baut. "Natürlich dominieren die Deutschen ihren Gegner immer. Sie haben mehr Ballbesitz als ihre Gegner. Wir können aber nicht einfach defensiv auflaufen", meinte Deschamps: "Wir haben unsere Möglichkeiten."
Er denke auch nicht mehr über das System nach, mit dem er spielen wolle. Das bleibe aber sein Geheimnis. Deschamps' Aussagen deuten aber daraufhin, dass er sein Team in einer offensiveren 4-2-3-1-Formation wie zuletzt beim 5:2-Sieg gegen Island oder auch in der starken zweiten Halbzeit beim 2:1 über Irland in der Partie am Donnerstag im Stade Vélodrome von Marseille auflaufen lässt.
Nimmt Pogba die Zügel in die Hand?
Kurz nach seinem Kopfballtor im EM-Viertelfinale gegen Island (5:2) erreichte Frankreichs Topstar die Nachricht, dass er Manchester United nun 95 Millionen Euro wert sei. Seinen Klub Juventus Turin wird das sicher freuen, für allzu viel Freude bei den Fans der Equipe tricolore hat Paul Pogba allerdings noch nicht gesorgt - und Island gilt für die Grande Nation nicht als Maßstab.
Die Leistungen des 23-Jährigen, auf dem vor Turnierbeginn die Hoffnungen des Gastgebers ruhten, waren in den Partien vor dem Halbfinal-Duell mit Weltmeister Deutschland einfach viel zu durchschnittlich. Dass ManUnited dennoch tief in die Tasche greifen will und Real Madrid angeblich sogar 120 Millionen Euro zahlen möchte, lässt aber nicht nur viele Anhänger der Blauen mit dem Kopf schütteln.
Die Medien und zahlreiche Experten kritisieren Pogba, der den Waliser Gareth Bale (100 Millionen) als teuersten Spieler der Welt ablösen könnte, seit Wochen unentwegt.
Aus Trotz hat der Mittelfeldspieler, dessen Wurzeln in Guinea liegen, schon lange jegliche Kommunikation mit den Journalisten eingestellt. "Paul braucht eben Ruhe um sich herum. Über ihn wird viel gesprochen, er ist ständig in den Medien", verteidigte ihn Nationaltrainer Didier Deschamps am Mittwoch: "Am Anfang des Turniers hat er sich etwas schwer getan. Aber er kennt seine Stärken - und die sind es, die wir jetzt brauchen."
Glaubt man seinem Klubkollegen Sami Khedira, muss die deutsche Elf auf der Hut sein: "Ich habe selten einen Spieler gesehen, der besitzt, was Pogba hat - mit Ausnahme von Cristiano Ronaldo. Er hat den Körper, die Technik, die Power, die Geschwindigkeit und die Explosivität. Dazu kann er laufen wie ein Pferd. Und er kann auch noch unglaublich gut kicken."