Feierabend ohne Frau

Sissy Raith ist als Trainerin der Echinger Fußballer entlassen. Der Klubchef findet offenbar, dass die Kicker „nach einem harten Arbeitstag“ abends im Training lieber von einem Mann geführt werden.

ECHING Als Sissy Raith (49) im Januar 2009 ihren Vertrag als Trainerin des TSV Eching unterschrieb, bezeichnete der Vereinsvorsitzende Peter Raab sie als „das große Los“. Raith war als Spielerin zweimal Europameisterin, trainierte später unter anderem die Frauenmannschaft des FC Bayern. Jetzt übernahm sie als Trainerin ein Männerteam.

Konnte das gut gehen? Zunächst sah es ganz so aus: Der TSV Eching stieg wenige Monate nach Raiths Amtsantritt in die Landesliga auf, der Vorsitzende Peter Raab lobte die Übungsleiterin umfassend, und Raith selbst erklärte in einem Interview: „Ich habe festgestellt, dass Fußball nichts mit dem Geschlecht zu tun hat.“

Möglicherweise ist ihre Ansicht zumindest im Vorstand des TSV Eching aber doch nicht ganz mehrheitsfähig: Sissy Raith ist entlassen. Begründet wurde die Kündigung offiziell mit der sportlichen Talfahrt des Vereins und der finanziellen Schieflage. Nun legte der Vorsitzende Peter Raab aber mit einem bemerkenswerten Satz nach. Der „Süddeutschen“ sagte er, es sei „für einen Mann, der nach einem harten Arbeitstag ins Training kommt, vielleicht doch besser, sich dort nicht mit einer Frau auseinandersetzen müssen“. Aha.

Demnach ist Raith in Raabs Sichtweise vom „großen Los“ zum Problemfall geworden.

Mit seinen Vorstandskollegen hat er mittlerweile dafür gesorgt, dass die Spieler des TSV Eching ihre feierabendlichen Trainingseinheiten nun mit einem Übungsleiter vom selben Geschlecht absolvieren können: Ivo Bacic, einst Publikumsliebling und Libero in Eching. Ob dies dabei hilft, den derzeitigen Tabellenrang 17 in der Landesliga Süd zu verlassen? Das Debüt unter dem neuen Trainer verlor Eching 1:3.

Raab selbst war am Dienstag nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Sissy Raith wollte dessen Aussagen nicht kommentieren. „Ich weiß nicht, wie er das gemeint hat“, sagte sie. „Man kann das jetzt schüren, aber das gibt nur böses Blut, und das will ich nicht.“ Ihr selbst gehe es nach der überraschenden Entlassung wieder besser, sagt sie. „Aber es hat weh getan, vor allem weil man sich fragt: warum?“ Als Antwort darauf, habe sie ihre eigene Theorie - die sie aber nicht verrät. Nur so viel: Es habe nichts mit dem Geschlecht zu tun.

Alexander Neumann