Fans mobben Pezzoni raus: "Das ist kriminell!"

Der Profi löst seinen Vertrag beim 1. FC Köln auf – weil ihn Hooligans zuhause auflauern. Der Verein lässt den Spieler ziehen, die Liga tobt angesichts des Falls: „Eine neue Stufe der Eskalation”
Thomas Becker |
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KÖLN „Liebe Fans, ich bedanke mich bei allen, die mich in den vergangenen Jahren beim 1. FC Köln unterstützt haben. Selbstverständlich wünsche ich der Mannschaft viele weitere sportliche Erfolge, damit der Wiederaufstieg anvisiert werden kann. Ich Freude mich auf neue sportliche Herausforderungen! Euer Kevin.”

Liebe Fans hat Kevin Pezzoni noch geschrieben. Doch einige dieser sogenannten lieben Fans haben ihn aus Köln vertrieben – und mit der Androhung von Gewalt aus dem Verein gemobbt.
Es ist ein Fall, den es so im deutschen Profi-Fußball so noch nicht gegeben hat. „Es sind Dinge vorgefallen, die Kevin das Fußballspielen in diesem Club nicht mehr ermöglichen. Wenn abends an deiner Privatwohnung Leute auf dich warten und dich bedrohen, wenn Zettel an dein Auto geklebt werden, wenn zu körperlicher Gewalt aufgerufen wird, kann ein 23-Jähriger nicht mehr unbeschwert Fußball spielen sagte Kölns Trainer Holger Stanislawski. „Wenn ein Spieler Angst haben muss, auf die Straße zu gehen, sind eindeutig die Grenzen überschritten. Mit diesen Menschen möchte ich nichts zu tun haben. Mit denen möchte kein normaler FC-Fan irgendwas zu tun haben.”

Aber es hat anscheinend gedauert, bis sich der Klub zu dieser Position durchringen konnte. Anstatt den Spieler zu unterstützten, Hilfe anzubieten klar Stellung gegen die Hooligans zu beziehen, entledigte man sich des Problems – und ließ Pezzoni ziehen. Dessen Ausstieg in Köln hat eine Vorgeschichte: Am Karnevals-Sonntag hatte ihm ein Unbekannter das Nasenbein gebrochen. FC-Präsident Werner Spinner drohte jetzt immerhin eine harte Gangart gegen die Täter an: „Sie erhalten Stadionverbote, werden aus dem Verein ausgeschlossen, sofern sie Mitglieder sind. Der FC wird eng mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten.” Pezzonis Kölner Ex-Kollegen richteten sich mit einem Brief an die Öffentlichkeit: „Wir alle kennen unsere Rolle und Verantwortung. Doch wir lassen als Mannschaft nicht zu, dass einzelne Spieler von einzelnen Chaoten gedemütigt und persönlich angegangen werden.”

Die Liga tobt schon jetzt: Liga-Präsident Reinhard Rauball sieht „eine neue Stufe der Eskalation”: „Das ist unter keinen Umständen akzeptabel. Jetzt muss endgültig für jedermann klar sein, dass es ab einem bestimmten Punkt keinerlei Toleranz mehr geben kann.” Hoffenheims Trainer Markus Babbel meinte: „Diese Vorfälle häufen sich – das ist bedenklich. Da müssen wir höllisch aufpassen, dass das nicht zur Normalität wird.” Ex-Köln Coach Ewald Lienen schimpfte: „Das ist skandalös. Wenn sogenannte Fans sich auf den Weg machen und Spieler zuhause bedrohen, ist das ein Straftatbestand: Stalking. Das ist kriminell!”

BVB-Coach Jürgen Klopp sagte vor dem Dortmund-Spiel gegen Nürnberg: „Ich glaube nicht, dass Kevin den Vertrag auflösen wollte. Ich denke, der Verein war auch daran interessiert, dass das Ganze beendet wird.” Abends im Sportstudio relativierte er: „Pezzoni ist ein ganz toller Kerl. Ich kann mir nicht im Entferntesten vorstellen, was man gegen ihn haben könnte.” Auf Facebook Freude sich Pezzoni, „wie viel Verständnis unserer Entscheidung entgegengebracht wird. Und wie viel Unverständnis wir gemeinsam gegenüber Mobbing, Beleidigungen, Gewalt & Co. haben. Dies hat weder auf oder neben dem Platz, noch im privaten Umfeld etwas zu suchen.”

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