Fankrawalle in Köln: Pezzoni unter Schock
Am Freitagmittag klang es nach einer ganz normalen Vertragsauflösung – doch hinter der Trennung des 1. FC Köln von Kevin Pezzoni steckt Schlimmeres als nur sportliche Unzufriedenheit.
Köln - Holger Stanislawski nahm sich Zeit und sprach lange über die sportliche Misere des 1. FC Köln – dann berichtete er mit traurigen Augen von weit schlimmeren Zuständen. Defensivspieler Kevin Pezzoni ist von eigenen Fans immer wieder bedroht worden und hat sich deshalb entschieden, nie mehr für den erneut abgestürzten Bundesliga-Absteiger aufzulaufen. Seiner Bitte um Auflösung des Vertrags wurde entsprochen.
„Da hat eine Gruppe von Menschen dem Spieler Pezzoni in dieser Woche vor dessen Privatwohnung aufgelauert, ihn angepöbelt und ihn massiv bedroht“, sagte Stanislawski nach dem 0:1 (0:1) in der 2. Liga gegen Energie Cottbus: 'Das geht nicht, das kann nicht sein! Sie haben Zettel an sein Auto geklebt und ihm klar gemacht, dass sie ihm weh tun wollen. Damit haben diese Leute eine Grenze überschritten."
Pezzoni habe sich daher entschieden, nicht mehr für den FC zu spielen, er habe in Angst gelebt. „Bei jedem Ball, das hat er mir berichtet, ging es ihm nur noch darum, keinen Fehlpass zu spielen. Das ist nicht zu tolerieren“, sagte Stanislawski sichtlich bewegt. An Karneval hatte ein Angreifer Pezzoni bereits die Nase gebrochen. Nun wurde der Abwehrmann, der zuletzt in der Innenverteidigung gespielt hatte, auch im Internet bedroht. Bei Facebook gründete sich eine Gruppe, die dazu aufforderte, Pezzoni und Co. „aufzumischen“, User schrieben in Kommentaren sogar, dies werde nicht ausreichen. Leise Kritik am Verhalten der Kölner kam derweil aus der Bundesliga. „Ich glaube nicht, dass Kevin den Vertrag auflösen wollte. Ich denke, der Verein war auch daran interessiert, dass das Ganze beendet wird“, sagte Trainer Jürgen Klopp von Double-Gewinner Borussia Dortmund bei Liga total.
Kevin Pezzoni äußerte sich nicht zu den Drohungen, er stellte aber am Samstag gegen 13.00 Uhr eine Nachricht auf seine Facebook-Seite. „Es freut mich, zu lesen, wie viel Verständnis für unsere Entscheidung entgegengebracht wird und wie viel Unverständnis wir gemeinsam gegenüber Mobbing, Beleidigungen, Gewalt und Co. haben“, schrieb er. „Dies hat weder auf noch neben dem Platz oder im privaten Umfeld etwas zu suchen.“ Die positiven, aufmunternden Rückmeldungen blieben ihm gemeinsam mit „vielen schönen und erfolgreichen Spielen mit dem FC“ in Erinnerung.
Wenn zu körperlicher Gewalt aufgerufen werde, fügte er hinzu, könne „ein 23-Jähriger nicht mehr unbeschwert Fußball spielen. Einige Worte, die da gefallen sind, möchte ich nicht wiederholen. Es ist ein Zustand, der sich über längere Zeit aufgebaut hat.“ Wo Pezzoni in Zukunft spielen wird, ist offen. Abwehrspieler Christian Eichner erklärte, die gesamte Mannschaft stehe „unter Schock“.
Die wieder einmal fast unglaublichen Vorgänge rund um den Verein überschatteten das Sportliche, das ebenfalls zu denken gibt. Der kriselnde Erstliga-Absteiger taumelt durch die 2. Liga. Saisonübergreifend sind die Geißböcke seit 13 Spielen sieglos. Während Köln mit nur einem Zähler auf dem vorletzten Tabellenplatz feststeckt, setzte Cottbus seinen Höhenflug fort.