Fan-Aufstand am Dom: Aber Overath gibt nicht auf
KÖLN - Denkzettel, Ohrfeige, Misstrauensvotum - aber trotz verweigerter Entlastung seines Club-Vorstandes und eines Spießruten-Laufs auf der Jahreshauptversammlung des 1. FC Köln gibt Präsident Wolfgang Overath nicht auf.
«Ob und wann ich zurücktrete bestimme ich immer noch selbst», sagte der 67-Jährige. Es hätte eine kleine Gruppe von Mitgliedern gegeben, die «gezielt Stimmung mit Zwischenrufen gemacht» habe. «Mit diesem provokativen Verhalten kann ich nicht einverstanden sein», meinte Overath, der nachdenklich hinzu fügte: «Insgesamt mache ich mir Gedanken, wenn das unser 1. FC Köln sein soll.»
Einen Tag zuvor hatte es auf einer turbulenten wie karnevalesken Hauptversammlung einen Aufstand der 3117 anwesenden Mitglieder gegen die Ikone des Fußball-Bundesligisten und Mitstreiter gegeben. Zutiefst getroffen war Overath in der Nacht davon geeilt, nachdem die rebellische Opposition ihn kräftig abgewatscht hatte. Mit 1317:520 Stimmen bei 104 Enthaltungen hatten die Mitglieder die Entlastung abgelehnt - und ihm damit auch die bedingungslose Gefolgschaft verweigert.
Eigentlich schienen Overath und seine Führungscrew das Fegefeuer der frustrierten Fans überstanden zu haben, als Verwaltungsratschef Rolf-Martin Schmitz mit einem «Eigentor» die Niederlage einleitete. «Das ist die Mehrheit», stellte er bei der Abstimmung nach kurzem Blick auf die hochgereckten Ja-Karten vorschnell die Entlastung fest, was einen Sturm der Entrüstung, Tumulte sowie «Schiebung»- und «Vorstand raus»-Rufe provozierte. Schließlich wurde offensichtlich auch eine ähnliche Zahl von Nein-Kartons gezeigt.
Overath muss nach der Abstrafung wegen des sportlichen Niedergangs und einem Schuldenberg von 24,1 Millionen Euro Verbindlichkeiten nun ein großen Scherbenhaufen aufräumen. Zu Beginn der Versammlung hatte er noch bekannt, nach den Anfeindungen der Vorwochen an Rücktritt gedacht zu haben, nun aber weitermachen zu wollen: «Ich lasse die, die es gut mit dem Club meinen, nicht im Stich», sagte Overath, der seit Juni 2004 im Präsidentenamt ist.
Allerdings hatte er in seiner Rede zur Krisensituation der vom erneuten Abstieg bedrohten «Geißböcke» abgesehen von Allgemeinplätzen («Wir werden jeden Stein umdrehen und müssen zusammenhalten») wenig Konkretes zu bieten. «Es reicht nicht, uns mit Kampfparolen und Phrasen abzuspeisen», reagierte daraufhin ein FC-Mitglied erbost.
Zum Buhmann der Hauptversammlung war aber Manager Michael Meier auserkoren, dem eine verfehlte Transferpolitik und der sportliche Niedergang angelastet werden. Er musste immer wieder «Raus»-Rufe über sich ergehen lassen. «Wenn alle auf ihn treten, ist es nicht mein Charakter jetzt auch noch auf ihn zu treten», sagte Overath, kündigte aber an: «Wir machen uns Gedanken um die Position Sportdirektor. Mehr werde ich dazu nicht sagen. Aber wir werden uns damit befassen.» Denkbar ist, dass der bis 2013 unter Vertrag stehende Meier zum Opfer des angekündigten Großreinmachens wird.
In der Pflicht stehen aber vor allem die FC-Profis um Volksheld Lukas Podolski. Das versammelte Team bekam Kritik zu spüren. «Das ist nicht die Mannschaft, die wir uns wünschen. Wenn ich mit solchen Mitarbeitern arbeiten müsste, hätte ich ein Problem», meinte Schmitz. Viel milder gingen die Fans mit Poldi Co. um: Als sie vorzeitig den Staatensaal verließen, erhoben sich alle von den Stühlen und applaudierten den Akteuren, die am Sonntag beim VfB Stuttgart Reputation zurückgewinnen wollen und den Kampf um den Klassenverbleib starten müssen.
Dabei sprach Overath dem neuen Kölner Trainer-Duo Frank Schaefer und Dirk Lottner, das mit Ovationen der Mitglieder bedacht wurde, das Vertrauen aus. «Wir haben gesagt, wir wollen mit Frank Schaefer weitermachen, egal wie es läuft», so Overath - wie lange, verriet er nicht. Offen ist, ob angesichts der prekären Lage die wirtschaftlich klammen Kölner in der Winterpause in neue Spieler investieren können. «Da möchte ich kein Versprechen abgeben. Die Luft ist dünner geworden», sagte Meier. Und ergänzte: «Ich glaube, dass die Qualität der Mannschaft ausreicht, um zu erreichen, was wir wollen.» (dpa)
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