"Es gibt dort Topstadien, sehr gute Trainingsplätze"
Heute spricht Berti Vogts sehr positiv über Aserbaidschan, aber ganz so harmonisch war sein Verhältnis zu dem Land, dessen Fußballmannschaft er von 2008 bis 2014 trainiert hat, nicht immer. Besonders an jenem Sonntagmorgen im Juni 2011.
Vogts’ Mannschaft hatte kurz zuvor in der EM-Quali gegen Kasachstan verloren, eine Blamage gegen den Tabellenletzten. Und jetzt warteten die übermächtigen Deutschen. Krisenstimmung im Presseraum, die Reporter aus Aserbaidschan fragten Vogts ganz offen, wie lang er denn noch Nationaltrainer bleiben wolle. Und dann schwenkten einige von ihnen doch tatsächlich die weiße Fahne – in Form von Klopapierrollen, die sie langsam abwickelten. Das Signal zum Aufgeben.
Vogts hat diesem Zwischenfall allerdings keine größere Bedeutung beigemessen. "Es war eine schöne Zeit, wir gehen als Freunde auseinander", sagte er bei seinem Rücktritt im Oktober 2014. Vor dem WM-Quali-Spiel der deutschen Nationalelf am Sonntag in Baku erklärt er in der AZ: "Ich habe die Mentalität der Menschen sehr geschätzt. Wenn man so lange Jahre dort tätig ist und mit den Leuten vertraut ist, hat man gute Erinnerungen an diese Zeit."
"Der Fußball in Aserbaidschan hat sich gut entwickelt in den letzten Jahren"
Vielleicht wäre Vogts sogar heute noch Trainer in Aserbaidschan, wenn Verbandspräsident Rovnag Abdullayev eher auf ihn gehört hätte. Der deutsche Europameister-Coach von 1996 hatte immer wieder professionellere Strukturen und intensiveres Training in den aserbaidschanischen Vereinen gefordert, um den Fußball auf ein höheres Level zu führen. "Joachim Löw und Oliver Bierhoff könnten über die Bedingungen hier nur lachen", erklärte Vogts einmal.
Inzwischen habe sich allerdings einiges getan. "Der Fußball in Aserbaidschan hat sich gut entwickelt in den letzten Jahren, nicht nur die Nationalmannschaft", sagt der 70-Jährige: "Es gibt dort inzwischen vier Topstadien, sehr gute Trainingsplätze."
Die Partie am Sonntag wird sich Vogts als TV-Experte von RTL vor Ort anschauen – und dabei einen Spieler ganz besonders vermissen: Lukas Podolski, der vergangene Woche aus dem DFB-Team zurückgetreten war. "Sein Treffer gegen England war das Tor des Monats, vielleicht des Jahres", sagt Vogts zur AZ: "Besser geht es nicht. Aber das ist Lukas, der ist am Sonntag geboren." Ein echtes Glückskind eben.