England nicht furchteinflößend - Wende mit Bier

Port Elizabeth (dpa) - Ein Bier vor dem Anstoß - hilft das den Engländern auch gegen Angstgegner Deutschland? Feixend verriet der sonst so gestrenge Fabio Capello sein neues Erfolgsrezept für die «Three Lions».
von  Abendzeitung
Englands Coach Fabio Capello (M) glaubt bei seinem Team an die Wende.
Englands Coach Fabio Capello (M) glaubt bei seinem Team an die Wende. © dpa

Port Elizabeth (dpa) - Ein Bier vor dem Anstoß - hilft das den Engländern auch gegen Angstgegner Deutschland? Feixend verriet der sonst so gestrenge Fabio Capello sein neues Erfolgsrezept für die «Three Lions».

«Sie durften Bier trinken vor dem Spiel - ihr könnt sie fragen», erklärte der italienische Fußballlehrer nach dem geglückten Einzug ins Achtelfinale dem verblüfften Publikum.

Muss Fußball-Deutschland nun diese Engländer fürchten? Wohl kaum. Auch wenn sich das Team aus dem Fußball-Mutterland gesteigert hat. Auch wenn Capello meint, beim 1:0 gegen Slowenien in Port Elizabeth den verloren geglaubten «Spirit» wiedergefunden zu haben und einige Spieler große Töne spucken. Es war nicht zu übersehen, dass die meisten Stars aus der teuersten Liga der Welt auch beim Sieg gegen den Außenseiter noch kein WM-Niveau erreicht haben - allein die Schlagzeilen der englischen Boulevardpresse sind vor dem Klassiker in Bloemfontein absolut top.

«Her mit den Deutschen», titelte die Boulevardzeitung «The Sun» und ulkte von der «beer we go»-Taktik. Schon hatte das auflagenstärkste Blatt im Internet die alten Vorurteile bedient: «Macht Euch bereit für die deutsche Kriegsmaschine.» Die «Daily Mail» meinte hingegen sorgenvoll: «Schon wieder diese Deutschen. Rechnet mit noch mehr Schmerz: Özil und Deutschland planen den nächsten WM-Jammer für England.»

Der «Mirror» kommentierte indes: «Don Fabio hat gezeigt, dass er wirklich der Pate ist.» Tatsächlich ist der Coach der große Gewinner - nicht nur wegen des Bier-Tricks, mit dem er seine Hardliner-Grundsätze etwas aufweichte. Der 64-Jährige überstand die kleine Revolte von John Terry und hatte die Größe, den Verteidiger trotzdem aufzustellen. Capello verweigerte sich auch der Spielerforderung nach dem Einsatz von Joe Cole und brachte Jermain Defoe and James Milner in der Startformation: Es waren die beiden besten Spieler gegen Slowenien, die gemeinsam das einzige Tor produzierten.

«Beide waren gut», lobte Frank Lampard den Schachzug des Coaches, der nun unumstritten der Boss im englischen WM-Lager ist - und der schon vor ein paar Tagen behauptet hat: «Deutschland hat Angst vor uns!» Nach dem Einzug ins Achtelfinale versicherte Capello: «Mir ist der Gegner egal. Der Name ist nicht wichtig.»

Capello und seine Spieler waren offensichtlich erleichtert, dass sie das erste WM-Vorrunden-Aus seit 52 Jahren gerade noch abwenden konnten und demonstrierten sogleich frisches Selbstvertrauen. «Die WM beginnt jetzt erst», sagte Chelsea-Spielmacher Lampard: «Es ist egal, wie wir in der Gruppenphase gespielt haben, das interessiert jetzt nicht mehr. Man bekommt nichts dafür, wenn man in der ersten Runde schön spielt und danach rausfliegt.»

Auch Capello sieht den Sieg als Wende. «Das war das England, das ich sehen wollte», sagte der Coach. «Diese Leidenschaft, diesen Kampfgeist wollte ich haben.» Der Trainer erkannte «den Geist aus unserer WM-Qualifikation» wieder, in der England mehrfach groß aufspielte. In dieser Form wären die «Three Lions» tatsächlich eine Gefahr für das deutsche Team.

Der taktisch gewiefte Coach kann sich nun zumindest in Ruhe auf das Deutschland-Spiel vorbereiten. Nach dem gewonnenen Machtkampf mit seinem Ex-Kapitän Terry und dem Erreichen der K.o.-Runde muss Capello keine neuen Sorgen außerhalb des Rasens fürchten. Daher konnte er auch generös erklären: «John Terry ist für mich ein Leader, ich habe keine Probleme mit den Spielern.»

Englands Fußball-Stars hätten das Achtelfinal-Treffen mit Deutschland aber lieber vermieden. «Einige Spieler haben gesagt, es wäre besser gewesen, gegen Ghana zu spielen», verriet Torjäger Defoe in Rustenburg. Der Respekt vor der DFB-Elf sei hoch. «Deutschland ist eine großartige Fußball-Nation. In Turnieren sind die Deutschen immer stark. Sie sehen auch hier gut aus, sind bestens organisiert», sagte Defoe, der die «Three Lions» mit seinem Tor gegen Slowenien in die K.o.-Runde geschossen hatte. «Wir dürfen nicht über die Geschichte nachdenken, müssen einfach selbstbewusst sein», sagte Defoe.

Schon seit geraumer Zeit trainiere seine Mannschaft Elfmeter, ließ der 29-Jährige wissen. «Jeden Tag, seit dem Trainingslager in Österreich», sagte Defoe. Im letzten WM-Duell der beiden Teams waren die Engländer 1990 in Italien im Elfmeterschießen am späteren Champion Deutschland gescheitert.

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