EM-Kolumne von Michael Köllner: Kein passendes System

Ein 0:2 gegen England, ausgeschieden. Ich war sehr enttäuscht über das Ergebnis und die Art, denn Angst und Schrecken haben die "Three Lions" nicht verbreitet – im Gegenteil: Sie hatten einen Heiden-Respekt vor uns, wie man an der Aufstellung gesehen hat.
Das Aus hat für mich vielschichtige Gründe. Wir hatten sowohl in der Vorbereitung, als auch der EM, keine richtig guten Spielphasen. Beim WM-Triumph 2014 waren wir in den vier Spielphasen - Offensive, Defensive, Konter und Gegenpressing - sowie den Standards top.
Defensive nicht sattelfest, Offensive nicht gefährlich
Nun war schlicht gar nichts richtig gut: Wir standen in der Defensive nicht sattelfest, wie es uns früher stark gemacht hat und jetzt von den Engländern oder den Italienern demonstriert wurde. Wir haben auch keinen begeisternden Offensiv-Fußball gespielt, mit Ausnahme einer kurzen Phase gegen Portugal.
Jogi Löws größter Fehler war für mich, dass er kein passendes System gefunden hat. Er hat versucht, so viele hochkarätige Spieler wie möglich auf dem Platz unterzubringen: Kroos als Sechser, obwohl er ein Achter und kein Abräumer ist. Daneben Gündogan und Kimmich auf ungewohnten Positionen. Wie sollen die Spieler da auf ihr Top-Niveau kommen?
Vorne haben wir im 3-4-3 mit drei schnellen Spielern agiert, oft mit dem Rücken zum Tor platziert. So konnte nie Tempo aufkommen. Wenn man ein 3-4-3 spielt, heißt das für mich: Angriffspressing. Wir haben uns eher zurückgehalten, teils viel zu passiv gespielt.
In Zukunft braucht es eine griffige Systematik
Man muss es so ehrlich sagen: Es war grundsätzlich keine erfolgversprechende Spielidee zu erkennen. Deutschland hat Löw viel zu verdanken, aber diesmal ist er bei der Auswahl seiner Spieler viel zu viele Kompromisse eingegangen. Bei der WM in Russland waren Sané und Werner anscheinend noch nicht gut genug für den 28-Mann-Kader. Jetzt sollten sie tragende Rollen spielen? Hummels und Müller wurden dagegen gefühlt von außen herangetragen. Möglich, dass nicht jeder das volle Ver- und Zutrauen des Trainers gespürt hat.
Man muss nicht alles in Schutt und Asche reden, aber wir brauchen in Zukunft eine griffige Systematik. Mit Flick kommt ein Trainer mit ungebrochener Akzeptanz, der ohne Vorbehalte an die Sache rangehen kann.