Doktor Jogi & Mister Löw
Nicht erst der Fall Kevin Kuranyi zeigt, dass der ach so nette DFB-Coach auch ganz anders kann. Er sagt: „Als Trainer verletzt man auch mal einen!“
GELSENKIRCHEN Joachim Löw hat sogar erlaubt, dass sie ihm eine Glatze scheren. Der Trainer hat die Spieler einfach gewähren lassen. So wie auf dem Spielfeld. Da hat er Balakov, Elber und Bobic als magisches Dreieck zaubern lassen. Und als sie zusammen Pokalsieger geworden sind mit dem VfB Stuttgart, da haben die Profis ihm bei der Feier den Schopf gestutzt. Der Jogi, so haben ihn sogar die Spieler genannt, hat nett dazu in die Kameras gelächelt. Elf Jahre ist das her.
Löws Lächeln ist dasselbe geblieben. Jetzt erklärt er gerade, wieder vor Kameras, wie seine Nationalelf am Mittwoch gegen Wales (20.45 Uhr, ZDF) spielen soll. Und dass er den fahnenflüchtigen Kevin Kuranyi (s. unten) nie mehr mitspielen lässt. „Unwiderruflich“ sei das, sagt Löw. „Daran gibt es nichts zu rütteln.“
Bei so einem Rauswurf gibt es eben kein Zurück. Löw weiß das, er ist selbst oft genug entlassen worden in seiner Trainerkarriere. Sogar damals in Stuttgart, als er „der nette Herr Löw“ war. Irgendwann haben ihn die Stars im Stich gelassen, und er war der Dumme. Daraus lernt man.
Natürlich ist Joachim Löw ein netter Mensch geblieben. Gepflegt und mit Manieren. Er hat jetzt die Macht. Und Deutschlands wichtigster Fußballtrainer versteht es, sie einzusetzen, ohne dabei wie ein Finsterling auszusehen. Dabei gibt es auch diese andere, die harte Seite. Beinahe wie beim netten Doktor Jekyll, der sich – mit ein bisschen Eigen-Doping – zum gruselig-kalten Mister Hyde verwandelt.
So greift Mister Löw durch.
Bernhard Peters. Den Ex- Hockeytrainer hatte noch Löws Vorgänger Jürgen Klinsmann zum DFB gelotst. Peters war Mitglied im Kompetenz-Team – bis er Löws Methoden bei der EM kritisierte. Peters ist danach rasiert worden.
Johannes B. Kerner. Als ihm der ZDF-Mann nach dem 3:3 in Finnland unangenehme Fragen stellte, ließ ihn Löw auflaufen. Seine geplante Teilnahme in der „Kerner-Show“ wurde danach abgesagt. Kerner ist fürs nächste Mal gewarnt.
Jens Lehmann. Vom Torwart heißt es, er hätte auch mit 38 gern weitergemacht im Nationalteam. Löw favorisierte einen Generationenwechsel im Tor und führte ein Gespräch mit Lehmann. Jetzt ist der kein Nationalspieler mehr.
Torsten Frings. Der war mal Stammspieler und hatte vorm 2:1 gegen Russland Rivalen wie Hitzlsperger gereizt. Löw setzte ihn danach erstmals auf die Bank. Löw: „Als Trainer verletzt man auch mal einen Spieler mit einer Entscheidung. Das muss man aushalten.“ Das gilt für Frings wie für Kuranyi auch.
Michael Ballack. Der Kapitän war kühl empfangen worden. Löw hielt ihn klein: Ballacks Comeback stelle „keine Problematik“ dar, jeder müsse um seinen Platz kämpfen. So unter Druck gesetzt, hat Ballack mächtig gewirbelt gegen Russland. Der nette Jogi hat’s mit einem Lächeln verfolgt.
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