Die Pfeife in der Hand Gottes

Volksheld und Idol einer ganzen Nation ist er schon, jetzt wird er auch noch ihr Fußballtrainer: Diego Armando Maradona kürt sich zum neuen Nationalcoach von Argentinien. Prominente Berater sollen ihm helfen, viele Fans haben Zweifel
von  Abendzeitung
Diego Maradona ist zurück - als Nationaltrainer von Argentinien. Hier wird er von seinen Töchtern geknutscht.
Diego Maradona ist zurück - als Nationaltrainer von Argentinien. Hier wird er von seinen Töchtern geknutscht. © ap

BUENOS AIRES - Volksheld und Idol einer ganzen Nation ist er schon, jetzt wird er auch noch ihr Fußballtrainer: Diego Armando Maradona kürt sich zum neuen Nationalcoach von Argentinien. Prominente Berater sollen ihm helfen, viele Fans haben Zweifel

Selbstzweifel? Nicht bei ihm. Noch vor der offiziellen Ernennung zum neuen Nationaltrainer Argentiniens, die erst am nächsten Dienstag erfolgen wird, gab das Fußball-Idol bekannt, dass die Wahl auf ihn gefallen sei. Ganz selbstverständlich sagte Maradona, an einen anderen Trainer als ihn habe Verbandspräsident Julio Grondona nie gedacht. Und als er gefragt wurde, wie die hierarchische Hackordnung sei mit Carlos Bilardo, der ihm als Berater zur Seite gestellt wird, antwortete er: „Ich habe die Pfeife in der Hand.“ Und nach der haben jetzt alle zu tanzen.

Heute feiert Maradona seinen 48. Geburtstag. Ein schöneres Geschenk hat er schon lange nicht mehr erhalten. Trainer von argentinischen Nationalmannschaften waren bisher meist gebildete Männer, die im feinen Anzug auf der Bank saßen und oft als Philosophen des Fußballs bezeichnet wurden. Allen voran Cesar Luis Menotti, der Weltmeister-Trainer von 1978. Oder Bilardo, der von 1986. Oder zuletzt der freilich glücklose Jose Pekerman. Und nun Maradona, der Straßenfußballer.

Der arme Maurer-Sohn aus Villa Fiorito, einer ärmlichen Siedlung vor den Toren von Buenos Aires, der nach seiner Karriere mit Drogen zu kämpfen hatte. Maßloser Konsum von Kokain und Alkohol führten zu Übergewicht und Herzinfarkten, oft schienen selbst die Ärzte Maradona bereits abgeschrieben zu haben, bevor er doch wieder überlebte und damit zu seiner Legendenbildung weiter beitrug.

Als Maradona im März 2007 wieder einmal um sein Leben rang, sagte sein Doktor: „Er glaubt, er sei Gott. Das ist der Grund für alles Schlechte in seinem Leben.“ Schon nach seinem Profidebüt im Oktober 1976 mit knapp 16 hatte Maradona gesagt: „Ich habe den Himmel mit der Hand berührt.“ Mit einer, die später als Hand Gottes berühmt wurde. Bei seinem irregulären Tor im WM-Viertelfinale gegen England ’86, jenem Spiel, in dem er nach einem Solo aus der eigenen Hälfte auch das vielleicht schönste Tor der Fußball-Geschichte erzielte. Und jetzt? Sorgt er jetzt auch bei der Nationalmannschaft für die nötige himmlische Eingebung, damit sich das Team für die WM 2010 in Südafrika qualifiziert?

Seine bisherige Bilanz als Trainer ist eher dürftig. Bei seinen bislang einzigen Vereinen als Coach gelangen ihm nur drei Siege in 23 Spielen. 1994 mit den Mandiyu Corrientes, 1995 mit dem Racing Club Avellaneda. Helfen soll Maradona nun ein illustres Beraterteam. Neben Ex-Nationaltrainer Carlos Bilardo, unter dem Maradona 1986 Weltmeister geworden ist, sollen ihm unter anderem Pedro Troglio, Sergio Batista, Jose Luis Brown, Julio Olarticoechea und Sergio Goycochea, alles Weggefährten bei den WM-Finals 1986 und 1990 (0:1 gegen Deutschland) zur Seite stehen.

Die Fans jedoch sind skeptisch. Auf der Homepage der Zeitung „La Nacion“ nannten 72 Prozent der Leser die Entscheidung falsch, bei „Clarin“ waren es sogar 74 Prozent. Auch Ex-Nationalspieler Jorge Valdano findet: „Er hat keine Erfahrung als Trainer. Mir erscheint die Sache sehr riskant.“ Wehe, wenn Maradona das hört. Dann gibt es einen Anpfiff. Eine Pfeife hat er ja.

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