Der Weltmensch im Zwergstaat

Aus dem Chaos im Iran bei Saipa Teheran flüchtete Pierre Littbarski, der ehemalige Dribbel-König der Bundesliga, in die Beschaulichkeit Liechtensteins zum FC Vaduz.
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Hat gut lachen: Pierre Littbarski hat wieder einen Job.
dpa Hat gut lachen: Pierre Littbarski hat wieder einen Job.

VADUZ - Aus dem Chaos im Iran bei Saipa Teheran flüchtete Pierre Littbarski, der ehemalige Dribbel-König der Bundesliga, in die Beschaulichkeit Liechtensteins zum FC Vaduz.

„Alles ist hier gut organisiert, sehr ähnlich wie in Deutschland“, lobt der Weltmeister von 1990 die Rahmenbedingungen in dem europäischen Fürstentum. Früher habe er ja schon gedacht, Deutschland sei etwas spießig. „Aber nach der Erfahrung im Iran sieht das doch etwas anders aus.“

Der gebürtige Berliner und das einstige Kölner Fußball-Idol ist als Trainer zum Weltbummler geworden. Doch die Erlebnisse im Iran waren auch für einen Handlungsreisenden in Sachen Fußball wie ihn neu. Aus Japan – der Heimat seiner zweiten Frau – war Littbarski in den islamischen Staat gekommen. Er geriet in einen Machtkampf zwischen Clubchef Hamid Sadschadi und Nationaltrainer Ali Daei – bei dem er nur verlieren konnte. Am Ende nahm man ihm sogar den Pass ab. „Im Grunde bin ich aus dem Iran geflohen, indem ich angab, ich werde meine Frau in Dubai treffen“, berichtete er. Doch nicht alles sei im Iran schlecht gewesen. „Die Menschen dort sind sehr freundlich und vor allem fußballbegeistert.“

Seit Anfang November ist er nun in Liechtenstein. Gerade einmal 35 000 Menschen leben in dem Mini-Staat, der zuletzt vor allem wegen Steuerskandalen in Deutschland in den Medien war. Littbarski wird auf der Straße in Vaduz freundlich gegrüßt, sein Konterfei häufig in den regionalen Medien abgebildet. Fußball sei auch hier im kleinen Staat am Rhein wichtig, betont er. Allerdings würden viele Liechtensteiner zu Spielen ins rund 220 Kilometer entfernte Mailand oder nach München fahren.

Dabei ist der FC Vaduz sogar erstklassig. Rund 2370 Zuschauer kommen zu einem Heimspiel – immerhin 6,8 Prozent der Bevölkerung. Mit einer Sondergenehmigung spielen die Liechtensteiner in der ersten Schweizer Liga. Littbarski bescheinigt seiner neuen Mannschaft deutsches Zweitliga-Niveau. Er hat ehrgeizige Pläne mit dem Club, doch zunächst muss er den Klassenverbleib sichern. Nach 15 Spielen liegt Vaduz auf dem neunten Tabellenplatz. Rang zehn würde den Abstieg bedeuten. Sein Vertrag läuft vorerst bis zum Sommer 2010.

Littbarski will die Fußball-Begeisterung im Fürstentum fördern. Die Menschen im Land sollen die Gelegenheit bekommen, den Verein näher zu erleben. Er plant, das Training für das Publikum zu öffnen und sich intensiv mit dem Nachwuchs zu beschäftigen. Dann müsse man in absehbarer Zeit nicht mehr so weit fahren, um attraktiven Fußball zu erleben. Derzeit fehlt aber noch in jedem Mannschaftsteil ein Führungsspieler. „Das wäre für die Mannschaft wichtig, gleichzeitig würde sich auch das Interesse der Liechtensteiner am FC Vaduz noch steigern“, glaubt Littbarski.

Als Karriereknick sieht der Meistertrainer in Japan und Australien den FC Vaduz nicht. „Was ist das schon, Karriere?“, sinniert er. „Ich will nicht zu Hause herumsitzen, das möchte ich meiner Frau nicht zumuten. Und ich will auch nicht alles so verbissen sehen. Mir geht es nicht nur um den Erfolg, sondern die Spieler und ich sollen auch Spaß dabei haben.“

Ingo Kleinheisterkamp (dpa)

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