Der Club und seine Vergangenheit

Der FCN setzt sich mit seiner Geschichte während der Nazi-Zeit auseinander. Ehrengast Evelyn Konrad begeistert die Gäste mit ihrem Charme.
Christian Lehnhart |
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Evelyn Konrad mit Sportvorstand Martin Bader (r.) und Aufsichtsrat Günther Koch.
Evelyn Konrad mit Sportvorstand Martin Bader (r.) und Aufsichtsrat Günther Koch.

Nürnberg - Tolle Veranstaltung am Dienstagabend beim 1. FC Nürnberg. Der Club gedenkt am Valznerweiher seinem dunkelsten Kapitel der Vereinsgeschichte - dem unrühmlichen Verhalten des sonst so Ruhmreichen gegnüber jüdischer Vereinsmitglieder während der NS-Zeit. "Der 1. FC Nürnberg ist ein Verein mit großer Tradition, der sich mit seiner Geschichte auseinandersetzt" eröffnete Sportvorstand Martin Bader den Abend. "Dazu gehören aber nicht nur die vielen Erfolge und Titel, sondern auch die dunklen Seiten der Vereinshistorie." Als einer der ersten Fußballvereine Deutschlands beschloss der FCN im Jahre 1933 einstimmig den Ausschluss aller Anhänger jüdischen Glaubens aus dem Verein. Zuvor war bereits Trainer Jenö Konrad, von 1930 bis 1932 Trainer beim Club, nach einem Hetzbericht im Nazi-Blatt "Der Stürmer" über Nacht mit seiner Frau und Tochter Evelyn aus der Noris geflüchtet. 

Eben diese Evelyn, heute 84 Jahre allt, ließ es sich nicht nehmen, als Ehrengast der Veranstaltung eigens nach Nürnberg zu reisen. Aus New York, wohin ihre Eltern 1940 nach einer Odysee durch Europa übersiedelten. Und die redegewandte Dame, immerhin seit 81 Jahren zum ersten Mal wieder in Nürnberg, verzauberte mit ihren Anekdoten aus dem Leben ihres "Vatis" die anwesenden 250 Gäste. "Er war in seiner Lebensanschauung ein äußerst eleganter Mensch, sehr belesen. Ich habe viel von ihm gelernt."

Bei seiner Flucht aus Nürnberg im August 1932 hinterließ Jenö Konrad dem FCN noch eine Autogrammkarte, auf der er den legendären Spruch "Der Club war der erste. Und muss der erste werden" niederschrieb. Grund für die Nürnberger Ultras, daraus für das Derby gegen den FC Bayern eine beeindruckende Choreografie zu erstellen, die auch den Grundstein der gestrigen Veranstaltung legte. "Ich wusste nichts von der Choreografie der Club-Fans. Ich kann nicht einmal sagen, wie sehr dankbar ich dafür bin. Das ist unglaublich", so Evelyn Konrad gerührt, nachdem sie Videoaufnahmen von der aufwendigen Erstellung der Choreografie durch die Ultras gesehen hatte. Nicht die einzige Impression, die die 84-Jährige mit in ihre Heimat USA nehmen wird. "Ich habe mir die Stadt angesehen, unter anderem auch den Gerichtssaal der Nürnberger Prozesse. Es hat mich sehr beeindruckt, wie wunderbar sich Nürnberg inzwischen als Stadt der Menschenrechte präsentiert."

Zum Schluss der Veranstaltung sorgte sie dann noch einmal für ein erfreutes Raunen in der Runde. Nachdem ihr Martin Bader die Ehrenurkunde für ihren 1978 verstorbenen Vater Jenö überreichte, verabschiedete sich Evelyn Konrad auf ihre charmant-witzige Art vom 1. FC Nürnberg: "Der Vati war bescheiden, ich bin es nicht. Dürfte ich auch Mitglied beim Club werden?" 

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