Dem Innenpfosten sei Dank!

Nach einem schwachen Spiel besiegt Spanien die tapfer kämpfenden Nachbarn aus Portugal im Elfmeterschießen und steht zum vierten Mal nach 1964, 1984 und 2008 in einem EM-Endspiel.
von  tbc
Siegschütze Cesc Fabregas (R) im Zweikampf mit Pepe.
Siegschütze Cesc Fabregas (R) im Zweikampf mit Pepe. © dpa

DONEZK Eusebio durfte nicht zuschauen, nicht mal am Fernseher. Portugals 70-jährige Fußball-Ikone war zwar am Morgen aus dem Krankenhaus in Posen entlassen worden, doch nach der Landung in Lissabon wurde er wieder in eine Klinik eingeliefert. Er sei müde, aber in stabilem Zustand, hieß es. Man werde aber nicht zulassen, dass er das Spiel sehe, sagte der Klinikdirektor. Besser so: Eusebio hätte sich nur aufgeregt.


Spanien sei sein „Favorit, aber man weiß ja nie“, hatte Franz Beckenbauer vor dem Anpfiff noch getwittert. Schon komisch, dass er als Lichtgestalt noch nicht mal den Verlauf dieses Halbfinal-Krimis mit glücklichem Ende für die Spanier vorhersagen konnte. Überraschend setzte der Weltmeister im Sturm auf Álvaro Negredo, der zuvor während des Turniers nur eine Minute gespielt hatte. Für Cesc Fàbregas und Fernando Torres blieb nur die Bank. Vorerst.


Die Portugiesen wiederholten nicht den Fehler der Franzosen, die beim 0:2 im Viertelfinale wie das Kaninchen vor der Schlange gewirkt hatten. Trainer Paulo Bento ließ sein Team angreifen, nicht hinterherlaufen. Das nervte die seit 18 Spielen ungeschlagenen Spanier. Ihre Philosophie der totalen Kontrolle war nicht umzusetzen. Ihr einschläferndes Spiel in der gegnerischen Hälfte konnten die Spanier nicht aufziehen. Sogar Pfiffe gab es gegen das Tiki-Taka-Rasenschach. Zur Halbzeit: 56 Prozent Ballbesitz – für spanische Verhältnisse ist das wenig. Trainer Vicente del Bosque, sonst die Ruhe selbst, tigerte in der Coaching-Zone auf und ab, gestikulierte, motzte in seinen Schnäuzer.


Zwei Chancen boten sich dem Turnierfavoriten in der ersten halben Stunde, beide Male war Andres Iniesta beteiligt. In Minute neun bereitete er eine gute Gelegenheit für den aufgerückten Arbeloa vor, doch der drosch den Ball drüber. In der 29. Minute zielte Iniesta dann selbst Richtung Kreuzeck, verfehlte sein Ziel aber knapp.


Und Super-Star Cristiano Ronaldo? Hatte auch einige Auftritte. Bei dem in der 31. Minute kam er dem Tor von Iker Casillas am nächsten, doch sein Schuss aus 16 Metern strich knapp vorbei.  35 Länderspieltreffer hat er bisher erzielt, aber noch keinen gegen Spanien. Immerhin hatte der TV-Zuschauer erfahren, dass CR7 unlängst von ein paar Tüftlern vermessen wurde, was interessante Werte ergab. Körperfettanteil: zehn Prozent - bei den Laufsteg-Magermodels sind es sieben Prozent. Sprungkraft: 78 Zentimeter – höher als NBA-Profis. Ballbeschleunigung: 31 Meter pro Sekunde - raketengleich.


In Halbzeit zwei landeten zwei seiner Show-Freistöße über dem Tor (73. und 85. Minute), ebenso wie sein Linksschuss in der 90. Minute. Nach dem Krimi zwischen England und Italien nun das nächste 0:0, die nächste Verlängerung. In der 104. Minute war es wieder Iniesta, dem sich die Chance zum ersten Treffer bot, doch wieder wurde es nichts: Keeper Rui Patricio parierte glänzend, so wie auch sechs Minuten später beim Schuss des eingewechselten Jesus Navas. Dann war Schluss: schon wieder Elferschießen!


Und schon wieder war Patricio da: fischte gleich den ersten Elfer von Xabi Alonso raus. Doch auch Moutinho scheiterte an Casillas! Iniesta gelang der erste Treffer, Pepe der nächste: 1:1. Pique und Nani zum 2:2. Frecher Lupfer von Ramos: 3:2. Dann ballerte Bruno Alves an die Latte. Und der zuvor eingewechselte Cesc Fabregas? Traf auch den Pfosten, aber so, dass die Kugel noch rein rollte. Spanien steht im Finale, mal wieder. Gut, dass Eusebio das nicht sehen musste.

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