Ende einer Generation: Bei Inter Mailand ist nach der München-Schmach eine Blutauffrischung nötig
Keine Mannschaft aus Spanien, kein FC Barcelona oder Titelverteidiger Real Madrid. Kein Team aus der englischen Premier League wie Manchester City, dem Sieger 2023. Kein Finale-dahoam-Vorteil für den FC Bayern. Das erste Mal seit 2004, als der FC Porto die AS Monaco mit 3:0 bezwang, war kein Verein aus diesen drei Ländern vertreten. Die Chance des vermeintlichen Vakuums der Big Player nutzte Paris Saint-Germain mit einem kolossalen 5:0-Erfolg gegen Inter Mailand.
Eine vernichtende Niederlage. Die schlimmste der nun vier Endspiel-Pleiten der Nerazzurri im wichtigsten Wettbewerb Europas, den Inter 1964, 1965 und 2010 (mit 2:0 gegen Bayern) gewinnen konnte. Fair applaudierten einige der gedemütigten Inter-Profis den Rivalen von PSG während diese den Henkelpott in Empfang nahmen. Eine so deftige Pleite kann erträglicher sein als ein nervenaufreibendes Drama im Elfmeterschießen. Aber auch heilsamer? Wie sehr wirkt München in Mailand nach? War es eine Zäsur? Sah danach aus. Ein Ende als Anfang.
Die alten Helden wirkten müde, der Höhepunkt der Inter-Saison waren die beiden epischen Schlachten im Halbfinale gegen den FC Barcelona (3:3 und 4:3 nach Verlängerung). In der italienischen Meisterschaft ließ man sich kurz vor knapp noch von der SSC Neapel abfangen, wurde nur Vize. Dabei waren es die alten Herren um Abwehrspieler Francesco Acerbi (37), die sich als Anführer erwiesen, um das Team nach 2023 noch einmal ins Finale zu lenken.
Der Altersunterschied zwischen Inter und PSG war enorm
Neben Acerbi waren drei Inter-Profis aus der Startelf älter als 30. Torhüter Yann Sommer (36), Henrikh Mkhitaryan (36) und Hakan Calhanoglu (31). Ergab einen Altersdurchschnitt von 30 Jahren und 242 Tagen.

Zum Vergleich: Die jungen Hüpfer von PSG, all die 19-Jährigen um Désiré Doué, kamen auf einen Schnitt von 25 Jahren und 96 Tagen. Ergab den größten Altersunterschied zwischen zwei Teams in einem Champions-League-Finale.
Was einer der Gründe, aber nicht der alleinige war. PSG hatte Inter gut studiert, sich die Schwächen der Italiener zurechtgelegt. Etwa, dass Sommer, in der Rückrunde 2022/23 bei Bayern ein unglücklicher Stellvertreter des verletzten Manuel Neuer ohne Rückhalt und Selbstvertrauen, nicht ins Fliegen kommen darf wie bei den Schlenzern ins lange Eck von Lamine Yamal im Halbfinale. Die Franzosen, offensichtlich beim 3:0 von Doué, schoben ihre Bälle ins kurze Eck von Sommer. Ausgeguckt und abgezockt.

Und Inter-Trainer Simone Inzaghi? Hat er nun fertig. Weil ausgecoacht von PSG-Mastermind Luis Enrique. Der 49-Jährige übernahm nach seiner erfolgreichen Station bei Lazio Rom die Nerazzurri im Sommer 2021. Nach der schweren Niederlage in München ließ er seine Zukunft trotz eines Vertrages bis 2026 abermals offen: "Ich finde es sinnlos, heute über die Zukunft von Inzaghi zu sprechen. Jetzt müssen wir uns in aller Ruhe Gedanken machen." Dann gelte es abzuklären, "ob dies meine letzte Partie mit Inter ist oder nicht".
Inter-Coach Inzaghi könnte nach Saudi-Arabien gehen
Klingt nach Abschied. Angeblich hat Inzaghi ein millionenschweres Angebot vom saudi-arabischen Klub Al-Hilal vorliegen. Geld oder (Vereins-)Liebe? Inter-Präsident Giuseppe Marotta kündigte für die kommende Woche ein Treffen mit Inzaghi an, sagte bei Sky: "Er hat noch ein Jahr Vertrag, wir werden sprechen, aber das erfolgt unabhängig von diesem Finale, es ändert für uns nichts."
Laut der "Gazzetta dello Sport" verlangt Inzaghi für die Fortführung seiner Arbeit in Mailand eine Vertragsverlängerung bis 2028 und eine Gehaltserhöhung von fünf Millionen auf 6,5 Millionen Euro plus Boni – sowie neue Spieler für eine neue Perspektive. Thema Blutauffrischung. Denn diese Inter-Generation um Sommer & Co. erlebte ihren letzten Frühling und wird wohl kein Finale mehr erreichen, ein personeller Umbruch steht bevor. Womöglich geht der Trainer als Erster von Bord.