Bundesliga droht früher K.o.
Pokalsieger FC Schalke 04 in Helsinki blamiert, Hannover 96 trotz des Achtungserfolges gegen den FC Sevilla auf der Kippe: Der Fußball-Bundesliga droht in der Europa League so früh wie noch nie die Zuschauerrolle.
Berlin - An dieser Einschätzung konnte auch das 2:1 der Niedersachsen gegen den spanischen Spitzenclub durch zwei tolle Tore von Jan Schlaudraff nichts ändern. Für die im hohen Norden 0:2 gedemütigten Schalker wäre das Verpassen der Gruppenphase laut Sportchef Horst Heldt "eine Katastrophe". Der FSV Mainz 05 als Dritter im Bunde hatte sich bereits eine Qualifikationsrunde zuvor am rumänischen Nobody Gaz Metan Medias die Zähne ausgebissen.
Selbst wenn im Rückspiel in Sevilla das Weiterkommen verpasst werden sollte: Hannover 96 hatte nach 19-jähriger Europacup-Abstinenz Grund zum Feiern. Als der überragende Schlaudraff nach 75 Minuten ausgewechselt wurde, wuchs der ohrenbetäubende Lärm noch um einige Phonstärken an. Die 43 500 wie euphorisiert wirkenden Fans erhoben sich und applaudierten dem Top-Mann in einem intensiven Match.
"Ich habe ein gutes Spiel gemacht und bin absolut zufrieden", sagte der zweifache Torschütze (6./45.). "Aber ich habe auch von der Super-Vorarbeit von Moa Abdellaoue und dem Super-Doppelpass mit Manuel Schmiedebach profitiert", erläuterte der trickreiche und antrittsschnelle Ex-Nationalspieler seine Zaubertore. Bereits beim Bundesliga-Start gegen Hoffenheim hatte er mit einem schlitzohrigen Freistoß-Treffer positive Schlagzeilen produziert. Jetzt überraschte Schlaudraff mit einer neuen List, er traf per Außenrist.
"Jan war eiskalt vor dem Tor und ist unheimlich viele Wege gegangen", lobte 96-Trainer Mirko Slomka den Matchwinner und das gesamte Team: "Wir haben Werbung gemacht für Hannover 96 und fahren mit Selbstvertrauen nach Sevilla." Allerdings war das Gegentor durch Frederic Kanoute (37.) mehr als nur ein Schönheitsfehler. So reicht den Spaniern im Rückspiel bereits ein 1:0 zum Weiterkommen.
Auf jeden Fall drei Tore benötigt Schalke gegen die zuvor belächelten Finnen von HJK Helsinki, um im Wettbewerb zu bleiben. Vorher hatten bei Königsblau alle vom lockeren Weiterkommen geredet. "Aber dafür muss man auch mal den Kopf einschalten", hielt Heldt nach dem Debakel im ausverkauften Sonera-Stadion dem Team vor. Kapitän Benedikt Höwedes pflichtete zerknirscht bei: "Wir haben uns bei den gegnerischen Angriffen blöd angestellt." Auch Trainer Ralf Rangnick war restlos bedient nach den Treffern durch Finnlands überragenden Nationalspieler Teemu Pukki (18./54.): "Wir haben uns teilweise katastrophal verhalten im Spiel gegen den Ball und beim Umschalten."
Vielleicht war auch der Verzicht auf den international so erfahrenen Europacup-Torrekordmann Raúl ein Fehler. "Auch für ihn wäre es nicht einfach gewesen", meinte Rangnick angesichts des finnischen Bollwerks und der eigenen Schwachpunkte. "Hinten waren wir viel zu offen", übte Höwedes Selbstkritik, sprach von einer "bitteren" Niederlage, blieb aber vor der entscheidenden zweiten Begegnung am 25. August in Gelsenkirchen optimistisch: "Wir haben noch ein Rückspiel und hoffen, die Situation zu unseren Gunsten drehen zu können." Doch Tatsache ist: Schalke ist vier Monate nach der mit Glanz und Gloria erworbenen Mitgliedschaft im Halbfinalclub der Champions League in die Problemzone geraten.