Buffon: 20 Rolex für über 1 Million?
Italiens Nationaltorhüter Buffon steht im Zentrum des Skandals um Spielmanipulationen. Sein Anwalt aber behauptet, der Star habe für jene 1,5 Millionen Euro 20 Uhren gekauft – bei einem Tabakhändler
ZÜRICH Gigi Buffon rannte nicht davon. Wieso auch? Seine große Klappe hat ihn ja erst in diese missliche Lage gebracht, also kann er auch weiter seinen Mund aufmachen und die Situation erklären. Das ist zumindest die Eigeneinschätzung des Keepers, dem sie in Italien einst ob seiner scheinbaren Unfehlbarkeit im Tor den Beinamen San Gigi gaben. Doch der einst „Heilige Gigi“ taugt höchstens noch für die Rolle des gefallenen Engels.
Die Azzurri waren am Freitag in Zürich gerade mit 0:3 unter die Räder gekommen gegen Russland und die EM-Generalprobe gründlich in den Sand gesetzt. Buffon, der triumphale Weltmeister von 2006, war nach der Pause mit einer schmerzenden Schulter in der Kabine geblieben, bis dahin hatte er seinen Kasten sauber gehalten. Dennoch wollten nach dem Spiel die Reporter vor allem mit ihm reden. Die Fragen prasselten wie Maschinengewehrsalven auf ihn ein: Haben Sie illegal gewettet? Was ist mit den 1,5 Millionen Euro? Buffon, was ist eigentlich los bei euch? Rispondi! Antworte!
Also antwortete Buffon – indem er sich der Klaviatur des ganz großen Dramas bediente. Was los ist? Eine Verschwörung, nichts weiter. „Irgendjemand hat eine Geschichte, die seit Monaten tot und begraben war, wieder ausgegraben“, sagte Buffon. Und mehr noch: „Ich habe nichts gemacht, niemanden getötet.“ Das zwar nicht, aber was ist mit jenen 1,5 Millionen Euro, die er einem befreundeten Tabak- und Lottohändler aus Parma für Sportwetten, die italienischen Profis verboten sind, gegeben haben soll? „Ich mache mit meinem Geld, was ich will. Das geht niemanden etwas an, ob ich es für Uhren oder Gemälde ausgebe oder einem Freund beim Hausbau helfe“, sagte er.
Wenn es der Sache diene, könne er das nächste Mal vorher um Erlaubnis fragen, bevor er Geschäfte tätige. „Gegen mich sind formell keine Vorwürfe erhoben worden. Meine Konten sind transparent. Illegale Wetten sind etwas Negatives, aber damit habe ich nichts zu tun.“ Kurz zuvor hatte auch sein Anwalt Marco Valerio Corini schon die Geschichte mit den Luxusuhren aufgetischt. „Mit dem Großteil des Geldes wurden 20 Rolex-Uhren gekauft, die seit Monaten im Tresor liegen.“ Man könne beweisen, dass Buffon, über dessen vermeintliche Spielsucht schon länger Gerüchte kursieren, kein Geld für Sport-Wetten ausgegeben hätte. „Ich bin unschuldig“, betonte auch Buffon, „das Problem ist, dass ich immer sage, was ich denke. Dafür muss ich die Verantwortung übernehmen.“
Tatsächlich hatte der Keeper am Mittwoch die Razzia im Trainingslager im Zuge des Wett- und Manipulationsskandals scharf kritisiert, am Donnerstag war dann die Geschichte mit den 1,5 Millionen Euro ans Licht gekommen. „Wir fühlen uns gerade wie im Schützengraben, aber das macht nichts. In solchen Situationen erkennt man wahre Männer“, sagte Buffon noch.
Nach dem Spiel gegen die Russen musste man jedoch fast das Gefühl bekommen, dass der Krieg für die Azzurri beinahe schon verloren ist. Bis auf Mario Balotelli, durch seinen Hang zur Exzentrik wohl konflikterprobt, wirkte die Truppe komplett verunsichert. Coach Cesare Prandelli, der durch seine Integrität und seinen Offensivstil für eine Renaissance der Azzurri gesorgt hat in Italien, scheint nur noch ein Wunder zu helfen. Ach ja, nächsten Sonntag startet Italien in die EM. Gegen Spanien.
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