Billiger Berti auf Bewerbungstour

Aserbaidschan-Coach Berti Vogts sagt: „Ich bin viermal so viel mit der Nationalmannschaft zusammen wie Joachim Löw, verdiene aber nur ein Viertel.“ Jetzt sucht er einen neuen Job.
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Aserbaidschan-Coach Berti Vogts sagt: „Ich bin viermal so viel mit der Nationalmannschaft zusammen wie Joachim Löw, verdiene aber nur ein Viertel.“ Jetzt sucht er einen neuen Job.

HANNOVER Er hat sie im Griff. Und das gefällt Berti Vogts offenbar ganz gut. Der 62-Jährige kennt das ja nicht, von kaum einer seiner Trainerstationen der letzten Jahre – ob er für den DFB arbeitete oder für den schottischen Verband. Und so spielt er mit der Handvoll mitgereisten Reportern aus Aserbaidschan bei einer Pressekonferenz in der AWD-Arena von Hannover.

Er lächelt sie an, lobt sie, bindet ein paar Worte in der Landessprache ein und diktiert: „Ich hoffe, dass ihr darüber berichtet, was das hier für ein beeindruckendes Stadion ist, damit in Aserbaidschan auch bald so ein Stadion gebaut wird. Ein bisschen kleiner, für 30000 Zuschauer – dann werden wir noch besser spielen.“ Die Reporter nicken, notieren alles.

Vogts tritt auf wie ein jemand, der vor Jahren ausgewandert ist und nun bei einer Stippvisite in seine alte Heimat vor allem den mitgereisten Leuten seiner Wahlheimat zeigen kann, wie gut er sich noch auskennt und wie verbunden er mit dem Land seiner Eltern ist.

„Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein, das darf man ja jetzt wieder sagen. Als ich Nationaltrainer war, durfte ich das nicht. Aber durch das Wunder von 2006 darf man ja jetzt sogar wieder die Flagge zeigen.“ Er sagt das und blickt zu den Reportern aus Aserbaidschan – ja, ein wenig politische Landeskunde kann ja nicht schaden.

Vogts sagt noch: „Leider hört die Freundschaft am Mittwoch für 90 Minuten auf, denn sonst hätte mir Jogi Löw seine zweite Mannschaft zur Verfügung stellen können.“

Über das WM-Qualifikationsspiel (20.45 Uhr, ZDF live) spricht er, als wäre es schon verloren: „Die Menschen in Aserbaidschan sind bescheiden. Wir sind das auch, wollen aber zeigen, dass wir etwas aus dem 0:2 im Hinspiel gelernt haben. Es kann aber sein, dass wir eine kostenlose Lehrstunde bekommen.“ Ein wenig Gratis-Werbung für die Partie, da doch erst etwas über 30000 Tickets verkauft sind, bittet eine Lokalreporterin. Gerne doch. Vogts: „Ich bin überrascht, dass das Spiel nicht ausverkauft ist. Dabei wissen doch die Fans, dass es sicher einen Heimsieg geben wird – dieses Gefühl hat man doch sonst nicht als Fan von Hannover 96.“ Er grinst. Er freut sich über diesen kleinen Coup.

Während der Fragerunde wandern seine Augen von einem Reporter zum anderen. Er genießt den Auftritt. Als der Pressesprecher und der Dolmetscher seines Verbandes schon tuscheln, wann denn Schluss sei wegen des anschließenden Abschlusstrainings, schenkt sich Vogts noch einen Kaffee ein. Schwarz. Er referiert über das Land und die fehlende Infrastruktur des Fußballs, alles tausend Mal erzählt. Er berichtet über die Fortschritte, die sein Team gemacht habe, seit er vor etwas mehr als einem Jahr übernahm. Nun scheint seine Zeit abgelaufen, der Verband erkennt die Erfolge offenbar nicht, die Vogts sieht. Am Samstag, beim 1:2 gegen Finnland, hat Aserbaidschan sein erstes Tor im siebten Quali-Spiel erzielt, der einzige Punkt stammt von einem 0:0 gegen Liechtenstein.

Vogts’ Zeit läuft ab, seine Mission im Kaukasus-Land sieht er aber nicht als gescheitert. Bei jeder Gelegenheit weist er auf seine „sehr großen Erfolge“ hin. Ob beim DFB mit dem EM-Titel 1996 oder nun in Aserbaidschan, die dank ihm „in vier bis fünf Jahren den Anschluss gefunden haben werden“. Und er selbst? Vogts ist auf Jobsuche, seine Deutschlandreise gerät zur Bewerbungstour: „Mein Vertrag läuft Ende des Jahres aus. Ich bin offen für alles.“

Obendrein, findet er, sei er günstig zu haben: „Ich bin viermal so viel mit der Nationalmannschaft zusammen wie Joachim Löw, verdiene aber nur ein Viertel“, behauptet er. Der billige Berti.

Zenit St. Petersburg habe Interesse, heißt es. Auch Vereine aus Russland, Schottland und den USA. Vogts: „Ich kann jetzt Gespräche mit anderen Vereinen führen.“ Dabei wird er sicher auf seine Erfolge, pardon, die sehr großen Erfolge hinweisen. ps, H.S.

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