Bei Löw hat sich’s ausgelutscht

Bremens Mittelfeld-Star Torsten Frings denkt an Rücktritt beim DFB. Bayer Bastian Schweinsteiger, der Ex-Teamkollege, würde ihn vermissen – im Bus
von  Abendzeitung
In der Nationalmannschaft nur noch Bankdrücker: Torsten Frings.
In der Nationalmannschaft nur noch Bankdrücker: Torsten Frings. © dpa

BREMEN - Bremens Mittelfeld-Star Torsten Frings denkt an Rücktritt beim DFB. Bayer Bastian Schweinsteiger, der Ex-Teamkollege, würde ihn vermissen – im Bus

Es gibt viele Orte in Bremen, in denen Torsten Frings Präsenz zeigt. Auf Plakatwänden oder Litfasssäulen ist der Fußballprofi mit entschlossenem Gesichtsausdruck abgebildet und darauf prangt die Botschaft: „Ich will Dich!“ Diese Art der Mitgliederwerbung kommt gut an bei den Sympathisanten von Werder Bremen, doch derzeit löst das Betrachten des Konterfeis hitzige Debatten aus.

Selbst die grün-weiße Anhängerschaft ist gespalten: Hat Frings denn Recht, wenn er nun von einer Demütigung in der Nationalmannschaft spricht? Noch am Donnerstag hatte der 78-fache Nationalspieler am Weserstadion verlauten lassen, er wolle nichts sagen und hatte das damit begründet, für ihn zähle allein das Spiel gegen Dortmund.

Doch das war gelogen. Via „Bild“ erhob Frings schwere Vorwürfe. Dass er sich gegen Wales nicht einmal warmlaufen durfte, sei „die Krönung“ gewesen. Und er schoss scharf gegen Bundestrainer Joachim Löw: „Er baut auf mich, aber ich merke es halt nicht. Und mit 32 Jahren hast du ein Gespür für so etwas. Ich sehe bei ihm derzeit keine Perspektive für mich." Die Schlussfolgerung: „Klar, ich denke an einen Rücktritt. Nicht, weil ich beleidigt bin, sondern weil mir die letzten Tage die Augen geöffnet haben."

Deftige Worte, die heftigen Widerhall provozierten. Zur Mittagsstunde versandte der DFB eine Pressemitteilung, in der Löw auf Distanz ging. „Ich habe mit Torsten Frings zwei ausführliche Gespräche geführt. Er genießt bei mir weiterhin eine hohe Wertschätzung, allerdings kann ich keine Stammplatz-Garantie geben", erklärte der Badener.

Hört sich fast so an, als kommen Frings und Löw in Zukunft nicht mehr zusammen. Werder-Sportdirektor Klaus Allofs jedenfalls „Es gibt für Torsten keine Veranlassung zurückzutreten. Ich würde ihm davon abraten." Doch wie beratungsresistent sind derzeit frustrierte Nationalspieler?

Auch der 31-Jährige, verheiratet, zweifacher Vater, Autofreak und Tierliebhaber, zählt längst zu jenen Stars, die in ihrer ganz eigenen Welt leben. Und die das Business so benutzen, wie sie es brauchen. Als der einst von Otto Rehhagel bei Alemannia Aachen entdeckte Frings, Spitzname „Lutscher", bei Werder zur festen Größe wurde, war Bremen nicht mehr gut genug.

Weil es anderswo mehr zu verdienen gab, drängte Frings auf seine Wechsel und aus seinen Verträgen. 2002 ging es zu Dortmund, 2004 zu Bayern. Glücklich wurde er erst wieder 2005 mit der Rückkehr nach Bremen - das hinderte ihn aber nicht daran, 2006 mit einem Angebot von Juventus Turin zu kokettieren, um seinen bis 2011 datierten Millionen-Vertrag auf Rekordniveau zu verbessern. Frings sieht sich als Werders Leistungsträger, Wortführer und Vorkämpfer - als Gegenpol zum genialen Diego. All das geschieht mit Rückendeckung der sportlichen Leitung. Und trotz des schleppenden Saisonstarts, den der 2007 dreimal am Knie operierte Mittelfeldspieler hinlegte, äußerten Thomas Schaaf oder Allofs nie Kritik an ihrer Nummer 22.

Auch bei Bayern war Frings gestern Thema. Nationalmitspieler Bastian Schweinsteiger: „Dass er überlegt zurückzutreten, finde ich schade. Er ist ein guter Typ. Ich würde ihn sogar überreden zu bleiben. Langsam gehen sie alle, und ich sitze jetzt wohl bald allein im Bus der Nationalmannschaft: Kahn saß im Bus hinten bei mir, Frings auch.“ Dass er ihn auch auf dem Platz vermissen werde, sagte Schweinsteiger nicht. Bald hat sich´s ausgelutscht. fh/rf

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