Beckenbauer bremst, Zwanziger zündelt

Auch nach Beckenbauers Erklärung zur WM-Affäre geht das Rätselraten weiter. Kronzeuge Zwanziger soll jetzt vor der externen DFB-Untersuchungskommission aussagen.
von  sid
Der eine bringt nur spärlich Licht ins Dunkel, der andere vergrößert die Verwirrung: Franz Beckenbauer (rechts) und Theo Zwanziger.
Der eine bringt nur spärlich Licht ins Dunkel, der andere vergrößert die Verwirrung: Franz Beckenbauer (rechts) und Theo Zwanziger. © dpa

Köln - Franz Beckenbauers Erklärung zur WM-Affäre erinnert ans Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Durch die aufsehenerregende Stellungnahme des WM-Chefs zu den ungeklärten Millionen-Zahlungen rund um die Organisation der Fußball-WM 2006 ist, auch wenn die Lichtgestalt für einen "Fehler" die Verantwortung übernahm, nur eines klar: nichts.

Im Gegenteil - Beckenbauers "Geständnis" hat am Tag danach das Rätselraten noch weiter angeheizt, weil nunmehr sogar bisher als gesichert angesehene Vorgänge wieder infrage stehen.

Die Verwirrung vergrößerte am Dienstag außerdem wieder einmal Theo Zwanziger. Der frühere Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) legte in der "Bild"-Zeitung Spuren der angeblich "schwarzen Kassen" bei der WM-Bewerbung zum früheren FIFA-Vermarktungspartner ISL und dem verstorbenen Ex-FIFA-Exekutivmitglied Charles Dempsey (Neuseeland) - erneut allerdings ohne stichhaltige Beweise.

Faktisch brachte der Kaiser kein Licht ins Dunkel, sondern bestätigte bestenfalls die Darstellungen von DFB-Chef Wolfgang Niersbach aus der Vorwoche in weiten Teilen.

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Kein Wort hingegen zu seinen persönlichen Beteiligungen an Absprachen mit Vertretern des Weltverbandes FIFA und/oder - Stichwort Schuldschein - dem früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. Umso leichter konnte sich Zwanziger auf der freien Bühne wieder in seiner neuen Lieblingsrolle als Kronzeuge inszenieren.

Seiner angeblichen Einschätzung gegenüber der Bild-Zeitung zufolge lässt sich aufgrund der Akten zum ISL-Skandal eine mutmaßliche Bestechung von Dempsey vor der Abstimmung der FIFA-Exekutive über den WM-Gastgeber 2006 ableiten.

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Die von Zwanziger vorgelegten Papiere umfassen eine mutmaßliche Auflistung einer Zahlung noch einen Tag vor der WM-Entscheidung über 250.000 Dollar. Für den möglichen Empfänger soll das Kürzel E16 eingetragen sein, den Eintrag hat Zwanziger laut "Bild" handschriftlich mit der Notiz "Dempsey!" versehen. Dempsey hatte 2000 bei der Stichwahl zwischen Deutschland und Südafrika (12:11) ohne Angabe von Gründen den Raum verlassen.

Mehr als seine Notiz lieferte Zwanziger als Beweis für seinen behaupteten "Schmiergeldteppich" jedoch nicht. Zur Auflösung der ungeklärten OK-Zahlung von 6,7 Millionen Euro aus dem Jahr 2005 an die FIFA würden außerdem noch gut 6,5 Millionen Euro fehlen.

Auch das angebliche ISL-Interesse an einer Manipulation im Sinne Deutschlands und eine mutmaßliche Verbindung zu den deutschen WM-Machern wird von Zwanziger nicht nachvollziehbar dargestellt.

Zwanziger vor Untersuchungskommission

Der 70-Jährige soll am Mittwoch oder Donnerstag dieser Woche vor der externen Untersuchungskommission des DFB aussagen. "Es werden gerade die Termine geprüft", sagte der Jurist aus Altendiez der Zeitung "Rheinische Post".

Entscheidend für den Erfolg der Kommission werde sein, "ob sie zeitnah zu einem Zwischenergebnis kommen wird. Meine Fakten werden nicht zu widerlegen sein", so Zwanziger.

Die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer ist im Auftrag des DFB mit der Aufklärung von Ungereimtheiten rund um die Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 an Deutschland befasst. Es geht vor allem um eine ominöse 6,7- Millionen-Euro-Zahlung, die bislang nicht genau aufgeklärt wurde. Zwanziger hatte von "schwarzen Kassen" in Bezug auf die deutsche WM-Bewerbung für 2006 gesprochen.

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