0:0 gegen Polen: Nur Jogi hat’s Spaß gemacht
Hamburg - „Bereit wie nie“ stand auf dem DFB-Banner, das vor dem Anpfiff im Mittelkreis ausgebreitet wurde. 93 quälende Minuten später, nach dem ermüdenden 0:0 gegen Polen im drittletzten Länderspiel vor der WM-Sause, musste man ganz entschieden feststellen: Bereit wie nie? Eher nicht so.
Bundestrainer Joachim Löw meinte dagegen fröhlich: „Mir hat’s jedenfalls irgendwie auch Spaß gemacht. Insgesamt war das ein unterhaltsames Spiel.“ Und die Pfiffe des Publikums, Herr Löw? „Die habe ich nicht registriert.“
Klar hatten sich alle Bundesadlerträger redlich Mühe gegeben, aber wer als Zuschauer nicht regelmäßig die komplette Bundesligaberichterstattung verfolgt, der hatte mit der No-name-Belegschaft dieses unerquicklichen Freundschaftskicks vor nur 37569 Zuschauern so seine Mühe.
Während Polen, Nummer 72 der Weltrangliste, zwar ohne die Dortmunder Jakub Blaszczykowski, Robert Lewandowski und Lukasz Piszczek, dafür aber immerhin mit einer Handvoll Stammspieler auflief, veranstaltete Löw einen einzigartigen Debütantenball: Auf dem Platz stand die jüngste Nationalmannschaft in der 106-jährigen Länderspiel-Geschichte des DFB. Durchschnittsalter: 21,45 Jahre. Das bisher jüngste deutsche Team hatte es beim ersten Länderspiel am 5. April 1908 beim 3:5 gegen die Schweiz gegeben. Damals war das DFB-Team im Schnitt 21,5 Jahre jung.
Löw hatte seit August 2006 bis zum Polen-Spiel 59 Neulingen zur Premiere im DFB-Trikot verholfen. In der Startelf kamen die Debütanten Nummer 60 bis 68 hinzu, später vier weitere. Insgesamt waren es am Ende zwölf Frischlinge. Nur Ron-Robert Zieler, Matthias Ginter und Julian Draxler haben zuvor Spiele für die DFB-Elf bestritten.
Die meisten Neulinge hatte es bei der deutschen Elf zuletzt am 23. Dezember 1951 beim 4:1 in Essen gegen Luxemburg gegeben. Damals bot Sepp Herberger sechs Neue auf. Unter anderen dabei: die späteren Weltmeister Ottmar Walter und Toni Turek. Ein gutes Omen? Man wird sehen.
Ums Sehen ging es in dieser so unglücklich terminierten Partie (wegen des DFB-Pokal-Finales am Samstag fehlten 13 Münchner und Dortmunder sowie sechs spanische und englische Legionäre) letztlich. „Die Gesichter der Zukunft“ wollte Löw sehen und hatte zuvor einigermaßen glaubhaft versichert, sich auf diese Partie zu freuen. Gut geflunkert, Coach! Kompagnon Oliver Bierhoff sagte: „Es ist für jeden eine Chance da, sich zu zeigen und die Tür nach Südtirol aufzustoßen.“ Er meinte das Trainingslager, über dessen 25 oder 26 Teilnehmer Löw noch vor Mitternacht entscheiden musste.
Zum Sport: Die größte Torchance in diesem selten ereignisarmen Spiel hatte der Stuttgarter Antonio Rüdiger, dessen Kopfball nach einem Eckball von Julian Draxler der Kölner Slawomir Peszko von der Linie köpfte (32.). Zudem hatten die Polen Glück, dass Schiedsrichter Fernandez Borbolan (Spanien) bei einer Attacke von Pawel Olkowski gegen Mittelstürmer Kevin Volland (36.) nicht auf Strafstoß entschied.
Und sonst? Das große Nichts. Niemand, der sich aufdrängte, niemand, der patzte, niemand, der wenigstens mal aufs Tor schoss oder es zumindest versuchte. Alles wenig erhellend für den Bundestrainer. Aber Hauptsache wenigstens er hat seinen Spaß gehabt. tbc