Fritz Fischer im AZ-Interview: "Denise ist jetzt eine der ganz Großen"

AZ-Interview mit Fritz Fischer: Die Biathlon-Ikone (65) war zwei Mal Weltmeister und führte 1992 die deutsche Staffel zu Olympia-Gold.

AZ: Herr Fischer, Denise Herrmann hat gleich im ersten Einzel-Bewerb bei Olympia in Peking Gold gewonnen, da können Sie, der Gold-König der Spiele 1992 in Albertville, nur den Hut ziehen, oder?
FRITZ FISCHER: Aber so was von! Das war eine echt fantastische Leistung von der Denise! Ich hatte ja kurz vor der Eröffnungsfeier mit der Abendzeitung telefoniert und gesagt: Jeder unserer Athleten hat, wenn er einen Super-Tag hat, die Chance, eine Medaille zu holen - oder auch zu gewinnen. Offensichtlich hatte die Denise einen Super-Tag. Oder ich sollte noch viel öfter mit der AZ telefonieren. (lacht)

Fritz Fischer über Denise Herrmann: "Ihre Stärke ist der Kopf"

Herrmanns Saison verlief ja zuvor eher enttäuschend, trotzdem hat sie keinen Hehl aus ihren großen Zielen gemacht - und sich damit noch mal Druck aufgebaut.
Absolut. Und diesem Druck muss man wirklich erst mal standhalten. Aber wenn man als Athlet eben ein bisschen reifer ist. . .

Herrmann ist 33.
Genau. Wenn man dieses Alter hat, kennt man seinen Körper, dann lässt man sich nicht gleich aus der Ruhe und dem Konzept bringen, wenn es mal nicht so läuft. Man weiß, was in einem steckt. Bei Denise muss man eh sagen: Ihre große Stärke ist der Kopf. Der Kopf hat das Gold geholt. Wer sich im Biathlon-Sport nur ein bisschen auskennt, weiß, dass die Rennen - speziell bei Großereignissen - mental entschieden werden. Gerade das allerletzte Schießen, wenn man weiß, es geht um Gold, ist reine Kopf- und Nervensache. Man muss ganz bei sich bleiben. Das war bei mir 1992 nicht anders. Man muss das, was man sich in abertausenden Schießen angeeignet hat, in dem Moment abrufen. Das klingt vielleicht einfach, ist es aber beileibe nicht. Denise hat das toll gemacht. Sie ist jetzt eine der Großen. Jeder Erfolg, jeder Titel ist grandios, aber Olympiasiegerin Denise Herrmann, das hat noch mal einen ganzen anderen Klang, eine ganz andere Bedeutung.

"Diese Medaille gehört nicht nur Denise, sondern auch dem Team"

So ein Sieg gleich zum Beginn der Olympischen Spiele ist ja für die gesamte Mannschaft enorm wichtig.
Ja, man gewinnt für sich, aber auch für das Team, für das Land, für Deutschland. Diese Medaille gehört nicht nur Denise, sondern auch dem Team hinter dem Team. Denen, die im Keller die Ski präparieren, den Physios, den Trainern. Jetzt wissen alle in der Mannschaft: Alles ist drin für uns. Ich traue unsere Athleten noch einiges zu, notfalls rufe ich vor den Bewerben noch die AZ an, auch Aberglaube schadet nie. (lacht)