Ferrari zürnt: Putschversuch gegen Mosley?
Ferrari weicht im Formel-1-Machtkampf keinen Meter zurück. «Entweder wir lösen den Streit oder wir werden eine eigene Serie haben», sagte Scuderia-Präsident Luca di Montezemolo im französischen Le Mans.
Verbittert über den Affront des Automobil-Weltverbandes FIA, der die Italiener am Tag zuvor gegen ihren Willen vorbehaltlos als Starter für die kommende Saison benannt hatte, treibt Ferrari die Pläne für den angedrohten Ausstieg voran. Bewusst kokettierte di Montezomolo bei seinem Auftritt in Le Mans mit einem Wechsel zum 24-Stunden-Klassiker. In der Heimat wittern die Medien indes einen Putschversuch der von Ferrari angeführten Rebellen gegen FIA-Chef Max Mosley. «Die Konstrukteure fordern Mosleys Kopf», urteilte der «Corriere dello Sport».
Di Montezomolo hatte sich vor seiner Reise an die Sarthe, wo er als Ehrengast die 77. Auflage des Langstreckenrennens startete, noch einmal der Solidarität der Teamvereinigung FOTA versichert. «Wir bilden eine starke Gruppe», erklärte der Fiat-Chef. Zuvor hatte die FOTA per Brandbrief den Motorsport-Weltrat und den FIA- Senat um Hilfe im Disput um das neue Regelwerk und ein Etatlimit gebeten und damit Position gegen Mosley bezogen.
Teamvereinigung gegen Formel-1-Boss
«In der FIA wird es Leute geben, die verantwortungsvoll genug sind und verstehen, dass man die Formel 1 nicht zerstören darf», meinte di Montezemolo. «Mosley provoziert - Fiat & Co. erklären ihm den Krieg», befand «La Repubblica», nachdem auch die Vereinigung der europäischen Automobilhersteller ACEA ein Ende des derzeitigen Führungssystems in der Formel 1 gefordert hatte. «Ich möchte alle bitten, nicht in aller Öffentlichkeit mit Schmutz aufeinander zu werfen, sondern die Lage sich etwas beruhigen zu lassen», zitierte die Londoner «Times» Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, der mehr denn je eine Konkurrenzserie der revoltierenden Teams fürchten muss.
Für neuerlichen Unmut hatte die vorläufige Starterliste der FIA für 2010 gesorgt, auf der Ferrari sowie Red Bull und Schwesterteam Toro Rosso ohne Einschränkung auftauchen. Die FIA geht offenbar von vertraglichen Verpflichtungen der drei Teams aus, in der WM an den Start gehen zu müssen. Im Falle von Ferrari ist der Rennstall von einer entsprechenden Vereinbarung aber wohl befreit, sollte die FIA gegen das Einspruchsrecht der Scuderia in Regelfragen verstoßen. Das bestätigte zuletzt auch ein Pariser Gericht. «Wir werden nicht an der nächsten Weltmeisterschaft teilnehmen, wenn die Regeln so bleiben und Ferraris Rechte nicht berücksichtigt werden», sagte di Montezomolo.
Die mit Ferrari, Red Bull und Toro Rosso in der FOTA um eine gesicherte Zukunft der Formel 1 kämpfenden Rennställe McLaren- Mercedes, BMW-Sauber, Renault, Toyota und BrawnGP wurden auf der FIA-Startliste indes unter Vorbehalt benannt. Bis zum 19. Juni haben sie Zeit, nach entsprechenden Verhandlungen ihre Bedingungen aufzugeben, lautete die Einschränkung. Doch eine Kapitulation der Teams erscheint unwahrscheinlich. Die acht Rennställe fordern ein einheitliches Reglement für alle Teilnehmer und ein neues Concorde Agreement, das die Teams bis 2012 an die Formel 1 binden soll und unter anderem die Verteilung der Gelder regelt. Sonst wollen die Mosley-Gegner 2010 nicht an den Start gehen.
Einheitliches Reglement gefordert
Kein Wunder, dass sich die vorerst nicht berücksichtigten Neubewerber weiter Hoffnung machen, ebenso wie Campos aus Spanien, Manor aus England und USF1 aus den USA einen Startplatz fürs nächste Jahr zu ergattern. Allerdings ist möglicherweise die gesamte Startliste vom Freitag nur Makulatur. Eine Aussage des Chefs von Kandidat Epsilon Euskadi, Joan Villadelprat, auf der Homepage des Magazins «autosport» belegt dies: «Ich habe ein Schreiben von der FIA bekommen, das besagt, dass alles provisorisch ist und es die endgültige Liste am 19. (Juni) geben wird.» Hundertprozentig sicher könne sich keiner sein.