"Verpflichtet, der Mannschaft mit neuen Impulsen helfen zu müssen": Bayern trennt sich von Gordon Herbert

Der FC Bayern Basketball hat sich von Weltmeister-Trainer Gordon Herbert getrennt. Der neue Coach wird schon am Dienstag auf der Bank sitzen.
von  Ruben Stark
Nicht mehr Trainer des FC Bayern Basketball: Gordon Herbert.
Nicht mehr Trainer des FC Bayern Basketball: Gordon Herbert. © Peter Kneffel

Die finnische Weite, Ruhe und Einsamkeit ist ein geliebter Rückzugsort Gordon Herberts. Dorthin hatte sich der Kanadier auch im vergangenen Sommer begeben, um beim Holzhacken, Gartenarbeiten und dem Blick über die Baltische See den Kopf und den Geist zu entspannen, neue Kräfte und Motivation zu sammeln. Gut möglich, dass es den 66-Jährigen nun auch über Weihnachten nach der nordische Stille in Uusikaupunki dürstet, um seine Zeit beim FC Bayern Basketball zu verarbeiten und Revue passieren zu lassen. Den seit Samstag ist dieses Kapitel geschlossen, der Weltmeistercoach und der deutsche Meister haben sich getrennt.

Schon am Dienstag im ersten Euroleague-Heimspiel seit sechs Wochen gegen Tabellenführer Hapoel Tel Aviv (19.30 Uhr) wird ein neuer Trainer an der Spielfeldrand stehen und versuchen, die dringend nötige Wende in der Königsklasse herbeizuführen. Am Sonntag im Bundesliga-Gastspiel bei den Telekom Baskets Bonn wird Herberts bisheriges Assistenten-Team die Leitung übernehmen.

Achte Euroleague-Niederlage in Folge wurde Herbert zum Verhängnis

Zum Verhängnis wurde dem 66-Jährigen die achte Euroleague-Niederlage in Folge am Freitagabend bei AS Monaco (77:103). Selbst Herbert, dem außergewöhnliche Motivations-Fähigkeiten nachgesagt werden und die er etwa bei der WM 2023 mit der deutschen Nationalmannschaft bewiesen hatte, gelang es nicht, noch den richtigen Impuls zu setzen. Bayerns Sportchef Dragan Tarlac fehlte jedenfalls der Glaube daran. "Leider gibt es Situationen im Sport, die keinen anderen Weg als Veränderung erfordern", sagt der 51-Jährige.

Verschiedene Faktoren haben zum Aus von Herbert geführt, nicht alle hat er selbst zu verantworten. Seine längere Erkrankung Mitte November war ungünstig, die extrem kurze gemeinsame Vorbereitung nach der EM mit dem deutschen Triumph um die Bayern-Nationalspieler Andreas Obst, Johannes Voigtmann, Oscar da Silva und Justus Hollatz verhinderte die frühzeitige Konstruktion eines stimmigen Gebildes ebenso wie die schwere Verletzung des litauischen Spielmachers Rokas Jokubaitis, der als Kernelement der neuen Mannschaft eingeplant war, nun aber wahrscheinlich die gesamte Saison ausfällt.

"Sind verpflichtet, der Mannschaft mit neuen Impulsen helfen zu müssen"

All das ließ sich in der Bundesliga und im Pokal kompensieren, in der BBL stehen die Münchner oben und Mitte Februar winkt der nächste Cup-Triumph beim Finalturnier im SAP Garden. Im wichtigsten Wettbewerb aber führte der jüngste Auswärtswahnsinn mit sieben Gastspielen in Folge, die allesamt verloren wurden, in die sportliche Sackgasse. "Wir sind nun für jeden erkennbar am Punkt angelangt und dazu verpflichtet, der Mannschaft, die immer alles gibt, mit neuen Impulsen helfen zu müssen. Wir bedauern dies sehr und haben uns das beide anders gewünscht", sagte Tarlac, der Herbert für seinen Anteil an der Basketball-Begeisterung in München dankte.

Aber zwischen beiden waren zuletzt auch teils unterschiedliche Auffassungen erkennbar gewesen – etwa, wenn um die Bewertung der Spiele von NBA-Star Spencer Dinwiddie ging. Während Herbert taktische Fehler in Bezug auf die Einsätze des 32-Jährigen einräumte, war Tarlac der Meinung, der komme mit seiner Klasse und Erfahrung schon klar. Zu beobachten war jedoch immer wieder, dass die Harmonie zwischen Dinwiddie und seinen neuen Kollegen gerade in puncto Zusammenspiel deutlich ausbaufähig ist.

Rückkehr von Trinchieri nach AZ-Informationen unwahrscheinlich

Rumort hatte es erstmals in Mai dieses Jahres, als überraschend Herberts Engagement als Nationaltrainer Kanadas ab Sommer 2026 bekannt wurde. Beim FC Bayern war deutliche Verstimmung zu spüren und nicht nur Herbert selbst gab sich bei diesem Thema schmallippig. Daher durfte man annehmen, dass die Zusammenarbeit ohnehin nach der laufenden Saison beendet worden wäre. Eine Doppelfunktion bei der Spielplanhatz durch Euroleague, Bundesliga und Pokal – undenkbar.

Wer aber ersetzt Herbert nun? Die Tatsache, dass die Bayern den Mann gegen Tel Aviv dabei haben werden, lässt auf weit gediehene Gespräche schließen. Gab es die womöglich mit dem Andrea Trinchieri, der bis zum Sommer 2023 den Klub im Sendlinger Westpark angeleitet hatte? Nach AZ-Infos ist die Rückkehr des Italieners sehr unwahrscheinlich, auf dem recht leer gefegten europäischen Trainermarkt favorisiert der FCBB offenbar eine andere Option. Schon am Montag ist damit zu rechnen, dass an die Stelle von Spekulationen weitere Fakten treten.

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