"Ich ziehe für zwei Monate aus": Herbert scherzt über den Bayern-Wahnsinn bis Jahresende

Falls demnächst in einschlägigen Portalen eine Münchner Wohnung zur vorübergehenden Nutzung verfügbar ist, es könnte die von Gordon Herbert sein. Bis zum Jahresende werden der Weltmeistercoach und seine Bayern-Basketballer in 19 Pflichtspielen gefordert sein, 15-mal davon – das verstehe, wer will – auswärts. Angesichts dieser Aussichten wittert der Kanadier insgeheim und augenzwinkernd eine Chance auf Nebeneinkünfte, denn er selbst braucht sein Apartment wohl erst mal nicht. "Ich ziehe für zwei Monate aus und biete es zur Vermietung an", scherzte Herbert und sorgte für Lacher.
Aber lustig werden die kommenden Wochen sicher nicht nur, die Strapazen für Spieler und auch die Betreuer enorm. Da kann dem einen oder anderen die Reiselust und -laune schon mal vergehen. "Der Spielplan ist irgendwie seltsam. Erst waren es eine ganze Menge Heimspiele und dann ganz plötzlich kommt so gut wie gar keines mehr. Aber damit müssen wir leben, es ist nun mal so", sagte Herbert und baut auf Pragmatismus. Zumal es schon am Donnerstag bei Paris Basketball (21 Uhr/Magentasport), das in der Euroleague ebenso wie der FCBB bei je vier Siegen und Niederlagen steht, ausschlaggebend ist, mental voll bei der Sache zu sein.
"Wenn du viel reist, dann verbindet das auch"
Umso wichtiger waren die beiden Heimsiege des deutschen Meisters in der vergangenen Woche gegen Real Madrid (90:84) und Virtus Bologna (86:70). "Diese Erfolge haben uns vor dem Untergehen bewahrt, wenn man so will", urteilte Herbert, denn die Bayern würden andernfalls jetzt im Tabellenkeller der Königsklasse stehen. Der Coach ergänzte: "Es war auch für unsere Mentalität gut. Jedes Mal, wenn du Widerstände annimmst und sie überwindest, erfährst du als Trainer eine Menge wertvoller Sachen über das Team."

Über ein Team, das sich wegen EM-bedingten Mini-Vorbereitung noch in der Kennenlernphase befindet und – ein möglicher positiver Faktor – diese auf den vielen Auswärtsfahrten beschleunigen könnte. Ohnehin gilt Herbert ja gerade auf dem Gebiet des Formens und Zusammenschmiedens von Mannschaften als Experte. "Wenn du viel reist, dann verbindet das auch. Man lernt die Menschen besser und anders kennen, das bringt schon viel", erzählte Europameister Justus Hollatz und zog den wesentlicheren Schluss: "Wenn man abseits des Feldes als Team gut funktioniert, dann ist es auf dem Feld so, dass jeder für jeden kämpft."
Qualität und Breite des Bayern-Kaders wird Dauertest unterzogen
Und da müssen die Bayern um ihren Star-Neuzugang Spencer Dinwiddie hinkommen, wollen sie in dieser Saison den europäischen Top-Teams nicht nur punktuell die Stirn bieten. Die kommende Phase mit zwei Heimspielen (Barcelona, Hapoel Tel Aviv) und acht Auswärtspartien wird dahingehend richtungsweisend. Eingerahmt werden diese Highlight-Abende vom Brot-und-Butter-Geschäft in der Bundesliga (zweimal daheim, sechsmal auswärts) und dem Pokal-Viertelfinale in Trier. "In den letzten Spielen", findet Hollatz, "haben wir den schnellen Basketball besser hinbekommen, deshalb sind wir da auf dem richtigen Weg. Wir wissen, dass der November und Dezember hart werden."
Abgesehen davon, dass dabei neben der Teamchemie auch die Qualität des Kaders in der Breite einem Dauertest unterzogen wird, könnte der Faktor Dinwiddie von Spiel zu Spiel größer werden. "Wir wollen auf dem aufbauen, was wir in den letzten beiden Heimspielen erreicht haben", sagte Justinian Jessup mit Blick auf den Auftakt des Auswärtswahnsinns in Paris. Hollatz erwartet in der Stadt der Liebe keine Zweisamkeit, sondern "viel Intensität. Paris hat schon einige Teams geärgert."
Die Münchner wollen nun den Spieß umdrehen, damit Gordon Herbert weiter zum Scherzen zumute ist.