Herbert rüttelt Bayern mit Softeis-Schelte wach: "Wenn ich in einen Laden gehe ..."

München – Wenn Gordon Herbert scharfe Kritik übt, und das kam in dieser Saison schon ein paar Mal vor, dann verliert der Trainer des FC Bayern Basketball im Normalfall keineswegs die Fassung. Nein, es kann sein, dass der 66-Jährige seinen Tadel auch mit dem einen oder anderen Scherz verbindet, den man dann durchaus als Zynismus interpretieren und auslegen kann. So geschehen am Sonntagabend.
Herbert wählte einen cremig-sahnigen Vergleich, um die Unzulänglichkeiten seiner Mannschaft im Warnschuss-Spiel zum Abschluss der Bundesliga-Hauptrunde gegen die Riesen Ludwigsburg (73:72) anschaulich zu beschreiben. "Wenn ich in einen Laden gehe und Eiscreme kaufe", sagte der 66-Jährige in einer Mischung aus Ernst und Spott, "dann ist die wesentlich härter."
Härter, als die Widerstandsfähigkeit seiner Spieler phasenweise gewesen ist, denn die seien "soft" gewesen, wie Herbert mehrfach monierte, weicher eben sogar als Eiscreme.
Herbert: "Das ist ein Weckruf, das wird uns helfen"
Was bei den Reportern ein Lachen auslöste, sollte bei Kapitän Vladimir Lucic und Co. eher für lange Gesichter sorgen. Schließlich war Herberts gelassen vorgetragene Verbalschelte eine herbe Watschn auf offener Bühne. Die Annahme des Trainers: "Das ist ein Weckruf, das wird uns helfen. Wir müssen diese BBL-Spiele ernst nehmen." Denn ab Samstag zählt jede einzelne Partie, da wird es schwieriger, Dinge zu reparieren. Ab Samstag beginnen die Playoffs, die der FCBB dank einer ordentlichen Portion Glück mit einem Sieg vor Ulm als Tabellenerster in Angriff nehmen darf.
"Wir müssen verstehen, was wir zu tun haben", sagte Herbert, nun ohne jeden Anflug von Zynismus: "In den Playoffs werden wir diese Spiele nicht gewinnen."
Giffey ratlos: "Es wäre schön, wenn ich eine Lösung parat hätte"
Bei der Ursachenforschung, warum die Bayern noch nicht in den Rhythmus gekommen sind, den sie nach dem Euroleague-Aus vor knapp einem Monat schnellstmöglich angepeilt hatten, scheinen noch ein paar Rätsel zu bestehen. Weltmeister Niels Giffey, dessen siegbringender Dreier 8,8 Sekunden vor Schluss die BBL-Spitzenposition geradeso bewahrte, sucht auch noch: "Keine Ahnung, ganz ehrlich. Es wäre schön, wenn ich eine Lösung parat hätte. Wir müssen uns da durchkämpfen."
Kämpfen, Einsatz zeigen, damit wäre Herbert schon mal einverstanden und müsste Auftritte nicht als "erbärmlich und enttäuschend" abkanzeln. 22 Punkte lagen die Münchner gegen Ludwigsburg zwischenzeitlich zurück, dann fühlte sich der große Favorit offenbar bei der Ehre gepackt. "Wir haben in der zweiten Halbzeit dagegengehalten, sie haben im dritten Viertel zwölf und im vierten neun Punkte gemacht. Diesen Aufwand brauchen wir für 40 Minuten", stellte Herbert klar. Denn auch er weiß. Nur mit dem Meistertitel kann seine erste Saison als Bayern-Coach als Erfolg gewertet werden.
"Wenn unsere Intensität gleich null ist, dann sind wir soft – so wie derzeit"
Umso eindringlicher wies der Weltmeistercoach auf die nötigen Zutaten hin – wie eine stabile Defensivleistung. Für die kommenden Tage und das Warten auf den Viertelfinal-Gegner lautet daher die Maxime: "Unsere Wettkampfintensität muss deutlich besser werden. Wir spielen nicht übermäßig physisch. Aber wenn unsere Intensität gleich null ist, dann sind wir soft – so wie derzeit." Giffey unterstrich: "Wir brauchen Energie, wir brauchen einfach diesen Kampfgeist."
Den zu finden, dafür ist jetzt Zeit, bevor einer aus dem Quartett Alba Berlin, Mitteldeutscher BC, Rostock Seawolves und Baskets Oldenburg am Donnerstagabend als Kontrahent feststeht. Und vielleicht hilft auch die Anwurfzeit am Samstag um 20 Uhr im SAP Garden. Giffey liegt das jedenfalls mehr als ein Spiel am Nachmittag. "Ich hasse das, entweder morgens oder abends ist mir lieber." Trainer Herbert interessiert das wahrscheinlich weniger, er will einfach nur sehen, dass seine Botschaft angekommen ist.