Ex-NBA-Profi Othello Hunter: "Ich will mit Bayern einfach alles gewinnen"
München - AZ-Interview mit Othello Hunter: Der 35-Jährige Ex-NBA-Profi spielte unter anderem für Real Madrid, ZSKA Moskau Piräus und zuletzt Maccabi Tel Aviv. Im Sommer wechselte er zum FC Bayern.
AZ: Herr Hunter, am Donnerstagabend (20.05) treten Sie mit Bayerns Basketballern zum Euroleague-Auftakt bei Ihrem Ex-Klub Maccabi Tel Aviv an. Speziell für Sie?
OTHELLO HUNTER: Nicht wirklich. Eigentlich ist es ein Spiel wie jedes andere, das ich gewinnen möchte.
Sie werden auf Jalen Reynolds treffen, mit dem sie im Sommer die Klubs tauschten.
Ich kenne Jalen schon seit 2018, als er für Zenit St. Petersburg spielte und ich noch für ZSKA Moskau. Ich wusste schon damals, dass er ein wirklich guter Spieler ist. Bei Maccabi, wo wir 2019 gemeinsam spielten, haben sie ihn sein Spiel nicht spielen lassen. Ich war ein wenig enttäuscht, dass wir ihn nicht behalten haben. Aber habe mich auch für ihn gefreut, dass er bei Bayern zeigen konnte, was wirklich in ihm steckt. Jetzt ist er zurück in Tel Aviv und ich bin hier. Eine Win-win-Situation für alle. Ich bin bereit dafür, ihn auf dem Court wiederzutreffen. Das wird gut, wir werden es genießen.

Haben Sie sich mit Reynolds auch über Bayern ausgetauscht?
Wir haben schon miteinander gesprochen. Dabei ging es aber eher darum, wo hier ein guter Barber-Shop zu finden ist, wo er seine Haare hat machen lassen und solche Dinge. Über Basketballerisches haben wir nicht geredet.
Trinchieri hat Hunter in zehn Minuten vom Wechsel überzeugt
Was hat Sie dann vom Wechsel nach München überzeugt?
Der Coach. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, aufzuhören, wegen dem Stress der letzten beiden Saisons mit Covid und all dem. Dann hat mich Coach Trinchieri angerufen. Wir haben vielleicht zehn Minuten gesprochen und ich wusste sofort: "Ok, ich komme."
Trinchieri hatte offenbar gute Argumente.
Er war ziemlich direkt und hat mir gesagt, was meine Rolle sein könnte, was er mit mir vorhat. Ich habe seine Leidenschaft für das Spiel schon als Gegner erlebt. Er achtet auf jedes Detail, wenn du einen kleinen Fehler machst, den Fuß mal um ein paar Zentimeter falsch setzt. Das ist perfekt für mich. Er pusht auch mich als Veteran.
Trinchieri zählt Sie neben Vladimir Lucic, der heute fehlt, zum Rückgrat des Teams.
Ich versuche ein Leader zu sein, den jungen Spielen zu helfen, ihnen das Spiel ein wenig zu erklären und zu lehren. Ich will für meine Teamkollegen da sein, Selbstvertrauen vermitteln. Und wenn ich den Court betrete, gebe ich alles dafür, um zu gewinnen - egal was das kostet.
Voller Einsatz: Darauf dürfen sich die Fans bei Hunter freuen
Was genau wird das sein?
Ich werde hart spielen, viel Energie bringen. Und wenn ich mal nicht spiele, werden sich die Leute fragen: Ist das ein Cheerleader oder ein Fan? Denn ich bin auch auf der Bank vollgepumpt mit Emotionen und sehr laut. Ich will einfach Spaß haben, das Spiel genießen.
Und welche Ziele verfolgen Sie dabei? 2019 gewannen Sie mit ZSKA die Euroleague. Wollen Sie mit Bayern zurück ins Final Four?
Zu 100 Prozent würde ich gern in der Euroleague in die Playoffs und ins Final Four - und ich will einfach alles gewinnen. Mal sehen, wie wahrscheinlich das ist. Der erste Schritt dazu ist, möglichst alle unsere Heimspiele zu gewinnen.
Ist das schon möglich mit Ihrem neuen Team?
Ich glaube, dass wir ein Gewinnerteam sein können. Dafür müssen wir aber erst mal gesund werden und es bleiben, jeder muss seine Rolle verinnerlichen. Und wir müssen jedes Spiel so hart spielen, als wäre es unser letztes. Dieses Team war schon vergangene Saison ein besonderes. Mein Ziel ist es, es hoffentlich noch mal besser zu machen. Wir wollen um alle Trophäen kämpfen.
Sie sind also hier, um - ganz nach ihrem Namen Hunter - Trophäen zu jagen?
(lacht) Diese Formulierung gefällt mir zumindest.
Hunter freut sich schon auf seine Fußballkollegen
Sie tragen auch einen außergewöhnlichen Vornamen: Othello.
Mein erster Vorname lautet: Tegba. Ich lasse mich aber eigentlich schon seit dem Kindergarten nur Othello nennen. Der Name gefällt mir einfach besser, er hat aber nichts mit Shakespeare zu tun.
Interessieren Sie sich auch für Fußball?
Absolut. Als ich bei Real Madrid gespielt habe (2016-2017; d. Red.), habe ich viele Spiele im Stadion angeschaut, auch den Clasico. Mein Lieblingsspieler war Neymar, jetzt ist es aber Ronaldo. Denn ich habe gesehen, mit welchem Einsatz er trainiert - einfach großartig. Und ich mag es einfach, ihn spielen zu sehen.
Haben Sie Ronaldo kennengelernt?
Ja, wir haben uns ein paar Mal getroffen und haben uns ein bisschen miteinander unterhalten. Das war ganz cool. Er ist eigentlich ein ganz normaler Typ.
Und was halten Sie von den Fußballkollegen des FC Bayern?
Ich kann es kaum abwarten, ins Stadion zu gehen. Ich habe schon ein paar Spiele im Fernsehen verfolgt. Bei dem 7:0 (gegen Bochum; d. Red.) dachte ich: "Wow, was ist denn hier los?" Das war sehr beeindruckend, genau wie das 3:0 gegen Barcelona.
Wie ist Ihr erster Eindruck von München?
Die viele Parks gefallen mir. Der Puls der Stadt schlägt genau richtig, nicht zu schnell, nicht zu langsam. Das ist perfekt für mich.
Othello Hunter: Nach der Profi-Karriere geht der Fokus auf die Musik
Und was machen Sie abseits des Basketball-Courts gerne?
Ich lese viel. Steve Jobs habe ich gerade fertig und "The Richest Men in Babylon" angefangen. Fotografie ist mein Hobby. Und wirklich jeder muss einfach "Call of duty" spielen. (lacht) Außerdem höre ich ununterbrochen Musik.
Ihre Lieblingskünstler?
Da würde ich die nennen, die wir mit meiner Firma managen: Bia, Aziz the Shake, Lil Rich, Jazz Cartier.
Ist es das, was Sie auch nach Ihrer Karriere vorhaben?
Musik wird mit Sicherheit eins der Dinge sein, die dann im Mittelpunkt meines Lebens stehen werden. Ich will aber lieber der Typ im Hintergrund sein und nicht an der Front stehen. Das überlasse ich meinen Cousins. Aber aktuell will ich erst mal mit Bayern noch ein bisschen Spaß haben.
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